Transportrobotik-Simulation erweitert Kapazität im Milchwerk

Vermessung per Laserscannung

Da für die Milchfabrik exakte Baupläne vorlagen, konnte mit dem vorhandenen Datenmaterial gearbeitet werden. „Häufig kommt es auch vor, dass die Unterlagen nicht verwendbar sind, wenn z.B. von einer alten Produktionshalle nur ungenaue Architekturpläne vorliegen“, erzählt Johannsen. In solchen Fällen bietet EK Automation das millimetergenaue Ausmessen per hochmoderner 3D-Laserscannung an. Aus zahlreichen Einzelscans entsteht die Punktwolke eines Raumes, die das genaue Abbild der vermessenen Objekte darstellt. Aus diesen Daten wird am Rechner das Gesamtmodell eines Raumes in 2D- oder 3D-Ansicht erstellt. Auf diese Weise können selbst große und komplexe Gebäude mit ihrem Innenleben präzise dokumentiert werden. Die berührungslose Vermessung von Formen und Entfernungen macht es möglich, auch schwer zugängliche Bereiche auf große Distanz zu erfassen. Die einmal gesammelten Daten, z.B. Längenangaben, Maße von Wänden, Durchgängen, Fenstern oder Türen, stehen dann jederzeit auf Knopfdruck für die Erstellung von Simulationen und die spätere Umsetzung der Transportrobotikkonzepte zur Verfügung. Aufgrund der verwendbaren Daten konnte EK Automation in diesem Fall gleich mit dem Aufbau des Modells starten. „Um die Simulation zu realisieren, mussten wir uns erst einmal eine weitere leistungsfähigere Software-Lizenz zulegen, da wir durch die Größe des Projekts an unsere Grenzen stießen“, schmunzelt Johannsen. Am Rechner ließen sich dann die gewünschten Prozessabläufe simulieren und unter Betrachtung einer Vielzahl von Aspekten variieren: „Wir konnten die Abläufe mit einer unterschiedlichen Anzahl von Fahrzeugen, diversen Streckenführungen und verschiedenen Puffergrößen durchspielen. Die Simulation zeigte dann, wie breit Gänge oder Kurven für die innerbetrieblichen Transportsysteme anhand der notwendigen Anzahl Fahrspuren pro Richtung ausgelegt werden müssen und wie dicht der Verkehr bei der unterschiedlichen Anzahl von FTF sein würde. Auch Blockungssituationen bis hin zu sogenannten Deadlocks, also möglichen Konstellationen, in denen es zu einer nicht lösbaren Stausituation kommt und sich alle Transportfahrzeuge gegenseitig blockieren, wurden auf diese Weise offengelegt.“ In der Vielzahl der Möglichkeiten, die mithilfe des Modells durchgespielt werden, gibt es nach Auskunft des Experten neben vielen anderen zwei große Unbekannte, die nur mithilfe der Simulation bestimmt werden können: die Leerfahrten der Transportfahrzeuge sowie die möglichen Blockungen. Diese gilt es, durch Simulation zu identifizieren und zu reduzieren. Des Weiteren ist auch die Abbildung von natürlichen Schwankungen nur mithilfe der Simulation möglich. Dafür müssen häufig auch Zusammenhänge betrachtet werden, die weit über das eigentliche Transportsystem hinausgehen und den Gesamtprozess umfassen, also z.B. die Taktzahl der Anlagen oder das Tempo sowie die Pufferkapazität von Förderbändern. Bei der Planung eines neuen Systems lassen sich auf diese Weise u.a. unterschiedliche Konzepte vergleichen und diverse Transportstrategien entwerfen. Aber auch für bestehende Systeme werden Simulationen eingesetzt. Damit kann u.a. aufgedeckt werden, an welcher Stelle genau der Engpass im System gesucht werden muss. „In vielen Fällen wird erst durch den Blick auf den Gesamtprozess der Faktor entlarvt, der den Durchsatz tatsächlich limitiert“, sagt Johannsen.

Planungsrisiken frühzeitig erkennen

Eine Stärke der Simulation ist die Visualisierung der Abläufe im Zeitraffer und aus der Vogelperspektive: In der Betrachtung der Prozesse in 50- bis 100-facher Geschwindigkeit können auch Laien komplizierte Zusammenhänge leicht erfassen. „Wir haben verschiedene Varianten getestet und sind zu dem Schluss gekommen, dass die passende Fahrzeuganzahl für die angestrebte 1Mrd. Liter Milch pro Jahr bei 90 FTF liegen müsste. Die Simulation legte offen, dass das gesamte Hallenlayout verändert werden musste, damit sich Fahrkurse von nun 90 Transportrobotern ohne gegenseitige Behinderungen realisieren ließen. Auch die Grenzen eines Systems lassen sich mithilfe von Simulationen sichtbar machen. „Wir können z.B. nachweisen, wann das Maximum einer Anlage erreicht ist und zusätzliche Fahrzeuge nicht zu mehr Kapazität führen, sondern durch gegenseitige Blockungen die Leistungsfähigkeit wieder reduzieren“, meint Johannsen. Da Arla bereits ein Transportrobotiksystem von EK Automation nutzte, verlief dessen Erweiterung nach der detaillierten Vorplanung mithilfe des Simulationsmodells reibungslos. Notwendige Veränderungen des Hallenlayouts fanden sukzessive während des laufenden Betriebs statt. Die neuen Fahrkurse der nun insgesamt 90 Fahrzeuge, die per Lasernavigation gesteuert werden, wurden in das System eingespielt. Nach nur vier Stunden Gesamtproduktionsstillstand war die Erweiterung schließlich vollzogen und der gewünschte Output erreicht. Um zukünftig flexibel auf Produktionsschwankungen reagieren zu können, investierte Arla in eine eigene Lizenz für die Simulations-Software. Das Unternehmen ließ sich das Modell für sein Werk in England so aufbereiten, dass nun die eigenen Mitarbeiter vor Ort – geschult durch das Simulationsteam – testen können, wie das Transportsystem reagieren wird, wenn sich bestimmte Daten im detailliert abgestimmten Materialflussprozess verändern.

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www.ek-automation.com/de

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