Kolumne von Michael Lind: Es geht ums Geld
Seit 100 Jahren wird der 8. März weltweit als internationaler Frauentag begangen. Etwas martialischer ist die Deutung als Frauenkampftag für Gleichberechtigung, Wahlrecht und Emanzipation. Das sind Ziele, die man/Mann fraglos unterschreiben muss. Es gibt allerdings auch solche, die etwas kontrovers diskutiert werden.
Da ist beispielsweise die Forderung, 30 Prozent aller Posten in Aufsichtsräten und Vorständen von börsennotierten Unternehmen mit Frauen zu besetzen. Angemahnt wurde und wird sie vor allem durch Ursula von der Leyen. Doch ausgerechnet die Tochter des einstigen Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Ernst Albrecht, hat in ihrem bisherigen Berufsleben nie einen Chefposten in der freien Wirtschaft bekleidet. Da stellt sich die Frage: Warum wohl (nicht)? Stattdessen ist von der Leyen zwischen den Bundesministerien für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Arbeit und Soziales und für Verteidigung weitergereicht worden wie ein ungeliebter Wanderpokal. Selbst für ehemalige CDU-Fraktionskolleg*innen im Bundestag galt sie bereits als die(!) ‚ministeriale Allzweckwaffe‘ ihrer Partei.
Um es klar zu sagen: Ich plädiere absolut für Frauen in Führugspositionen. Vorausgesetzt, für alle Bewerber*innen gelten geschlechtsneutral die gleichen Auswahlkriterien. Und ich durfte bislang auch viele Frauen kennenlernen, die in der Industrie, im Handwerk, im Handel, in Verbänden und Organisationen als Geschäftsführerinnen und als Leiterinnen von Marketing-, Vertriebs-, PR-, Personal- oder Entwicklungsabteilungen ihre Aufgaben wesentlich engagierter und erfolgreicher erledigt haben bzw. immer noch wahrnehmen als manch eines ihrer männlichen Pendants. Und dafür gilt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
Doch damit es dazu nicht allzu leicht kommt, haben bürokratische Wortklauber befunden, dass die Höhe der pekuniären Vergütung von Arbeit abhängig sein müsse von Bewertungskriterien wie ‚gleichartig‘ und ‚gleichwertig‘. Das mutet an wie die Unterscheidung, ob ein Covid-Patient nun mit, an, durch oder wegen dem/das/des Virus‘ verstorben ist.
Einer meiner Freunde musste sich im vergangenen Jahr einem chirurgischen Eingriff unterziehen. Und er wurde während seines Klinikaufenthaltes Zeuge, wie sehr die überwiegend weiblichen Mitarbeitenden in der Gesundheits- und Krankenpflege sich über den Applaus gefreut haben, der ihnen auf Anregung diverser Regierungsstellen entgegengebrandet ist. Eine dauerhafte Gehaltserhöhung wäre für die erklärten Held*innen der Pandemie wesentlich hilfreicher gewesen. Und genau darum geht’s im Grunde: um ein Einkommen, das den Arbeitsbedingungen und der Verantwortung angemessen ist.
Das ist dem bundesdeutschen Gesundheitswesen unter der Ägide der einstigen Bundesministerin für Gesundheit, Ursula (Ulla) Schmidt, irgendwie abhanden gekommen. Sie hatte die aus den USA stammende Idee aufgegriffen, dass Krankenhäuser, Senioren- oder Pflegeheime genauso zu führen seien wie Unternehmen: kostensparend, leistungsorientiert, gewinnmaximierend. Die Folgen sieht man.
Was ist eigentlich aus den Plänen geworden, das Personal in Kranken- und Pflegeeinrichtungen durch den Einsatz mobiler Roboter zu unterstützen, die beispielsweise Medikamente, Essen oder Ähnliches transportieren? Es wäre ein Riesenmarkt. Allein in Deutschland gibt es mehr als 1.900 Kliniken mit fast 500.000 Betten, knapp 15.400 Pflegeheime und (geschätzt) eine Million Pflegebedürftige. Scheitert’s am Geld? (mli)