Expertenrunde ‚Die Messtechnik der Zukunft‘ – Teil 1/2
Prozesskontrolle & Qualität
Wie sieht die Messtechnik der Zukunft aus? Um dies zu erfahren, trafen sich Experten von Faro, GOM, Isra Vision, Werth Messtechnik und Zeiss AI sowie ein Anwender im Rahmen des Control Vision Talks Forums. In Teil 1 der Diskussion geht es um Technologietrends und das Zusammenwachsen von Prozesskontrolle und Qualitätsüberwachung.
ROBOTIK UND PRODUKTION: Vor welchen Herausforderungen steht die Messtechnik?
Holger Wirth (Isra Vision): Die optische Messtechnik gewinnt immer mehr an Bedeutung. Ebenfalls wichtig ist die Bedienbarkeit. Die Systeme werden immer komplexer und die Datenmengen nehmen zu, d.h. wir müssen an Softwarekonzepten feilen, um Daten besser zugänglich zu machen.
Roland Beyer (Consultant): Die Bedienung der Sensoren und Systeme muss einfacher und bedienerfreundlicher werden. Zudem sollten dort, wo Sensoren durch einen Roboter geführt werden, zukünftig Wireless-Lösungen eingesetzt werden, damit der Roboter beweglicher wird.
Dr.-Ing.habil. Ralf Christoph (Werth Messtechnik): Die Anforderungen an die Messtechnik ändern sich in erster Linie dadurch, dass die Produkte komplexer werden. Wenn Sie sich heutige Werkstücke ansehen und diese mit Teilen von vor 20 Jahren vergleichen, sind heute sehr viel mehr Details enthalten. Wenn man diese mit taktilen Koordinatenmessgeräten messen müsste, wäre das schwierig. Dagegen gestattet uns die optische Sensorik, sehr viele Messpunkte in kurzer Zeit zu erfassen, auch bei sehr komplexen Werkstücken.
Dr. Carsten Reich (GOM): Eine moderne Softwareentwicklung ist eine Herausforderung an die Messmaschinenhersteller. Bei uns ist mittlerweile die Softwareabteilung deutlich größer, als die Hardwareabteilung.
Dr. Kai-Udo Modrich (Carl Zeiss Automated Inspection): Messtechnik findet heute in anderen Bereichen statt, als noch vor fünf Jahren, also raus aus dem Messraum und rein in die Produktion. Wofür werden aber die Messwerte verwendet: Für Qualitätsaspekte oder um mehr Produktivität zu erzielen? Die Anwender haben heute eine ganz andere Herangehensweise, was sie mit Messwerten machen möchten.
Dr. Denis Wohlfeld (Faro): Messtechnik wird immer stärker in die Maschinen und Prozesse bzw. innerhalb des kompletten Workflow in den Fabriken integriert. Auf uns kommen im Bereich Software und Digitalisierung ganz neue Herausforderungen zu und wir müssen darauf achten, dass wir Teil der Gesamtplattform bleiben, die sich derzeit in den Fabriken entwickeln.
ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie weit ist die heutige Messtechnik bereits an ihren technischen Grenzen und welche Rolle spielt die Software?
Modrich: Das eine ist die Sensorik mit neuen Sensorprinzipien, angefangen von taktil/optisch, hyperspectral oder CT. Auf Basis dieser neuen Technologien können Sie bei verschiedenen Applikationen und Oberflächen unterschiedliche Genauigkeiten erreichen. Ferner spielt es eine Rolle, wo sie das tun, d.h. Inline, in einer Produktionsumgebung oder in einem Messraum. Auf der anderen Seite ist das Thema Software. Diese kann eingesetzt werden, um ein Messsystem zu steuern oder, komplett in den Produktionsprozess integriert, eine komplette Produktion steuern und regeln.
Wohlfeld: Dadurch, dass es immer stärker in Richtung Automatisierung geht, wird berührungsloses Messen immer wichtiger. Zudem kann man bei verschiedenen Wellenlängen messen, wodurch sich neue Applikationen erschließen, die vor vielen Jahren noch zu teuer oder technologisch nicht umsetzbar waren.
Wirth: Zudem verbessert sich die Empfindlichkeit der Sensoren und die Leistungsfähigkeit der Computer. Wir sehen das bei Punktewolkensensoren, die mittlerweile auch Inline zum Einsatz kommen. Spannend sind neue Kameratechnologien, wie z.B. Polarisation.
Christoph: Natürlich hat die Software einen hohen Stellenwert, z.B. bei der Auswertung, aber die Physik spielt immer noch eine wichtige Rolle. Wir entwickeln regelmäßig neue Hardwarekomponenten, um die Sensorik weiter zu verbessern. Das nicht nur in der CT, die es in der Messtechnik erst seit 15 Jahren gibt, sondern auch im Bereich der konventionellen Bildverarbeitung, weil auch dort noch nicht alles ausgereizt ist.
Reich: Wir bieten bereits seit 1995 optische 3D-Messtechnik an. Das eigentliche Messprinzip, also Triangulation in Verbindung mit Streifenprojektion, hat sich seitdem nicht verändert, die Algorithmik dahinter aber schon. Hier helfen technologische Entwicklungen im Bereich der Kameras und Beleuchtungseinheiten. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten, um noch schneller und präziser zu werden.