Interview mit Sunil Raibagi, Vice President Strategy and Business Development

ROBOTIK UND PRODUKTION: In welchen Industriezweigen sehen Sie Zuwachsmöglichkeiten für die System Technology?

Raibagi: Wir haben zwei Quellen für weiteres Wachstum definiert. Eine davon ist Mobilität. Hier decken wir vom Pkw über Nutzfahrzeuge, Bahn, Luft- und Raumfahrt bis hin zu Electro Vehicles alles ab. Diese Branche verändert sich auch, sodass wir mit ihr in den Bereichen Kunststoffe, Elektronik und Handhabung neuer Materialien wie Verbundwerkstoffe und so weiter zusammenwachsen wollen. Wir sehen Veränderungen bei den Rohstoffen auch im Bereich Handling und Montage: Automated Guided Vehicles statt Förderbänder, mehr Roboter für die Kollaboration mit Menschen, Vision und digitales Auge. Diese erfordern unterschiedliche Technologieplattformen und Entwicklungen. Wir bereiten uns darauf vor und sehen dort große Chancen. In der Produktionstechnik ist die Überwachung bzw. das Monitoring bereits digital. ERP-MFC-Produktionskontrollen funktionieren schon in den meisten Fabriken. Remote I/O und das Internet der Dinge sind Normalität. Wir wachsen hier, weil wir dies bereits in unseren Produkten umgesetzt haben. Die Intralogistik, speziell das Greifen, Verpacken, Palettieren und sogar die Lkw-Verladung, wird mehr und mehr automatisiert. Dieser Bereich ist recht vielfältig und daher für uns technologisch sehr interessant. Wir entwickeln hier Produkte und möchten dafür ein solides Standbein schaffen. In letzter Zeit haben wir zahlreiche spezielle flexible Roboterzellen für die Holzbearbeitung und den Transport für die Mischproduktion gebaut. Diese Funktionspakete werden in Kürze in den Werken der Möbelfertigung populär werden.

„Wir sind bei der Umsetzung von Vision und Intelligenz in unseren Greifsystemen sehr erfolgreich. “ Sunil Raibagi, Zimmer Group

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wenn wir noch mal den großen Kundenkreis der System Technology betrachten – wie haben sich in den letzten zehn, zwölf Jahren die Ansprüche Ihrer Kunden an Greifsysteme gewandelt?

Raibagi: Es besteht weiterhin Bedarf an agilen, adaptiven und kostengünstigen Systemen. Wir sind bei der Umsetzung von Vision und Intelligenz in unseren Greifsystemen sehr erfolgreich. Früher waren unsere Systeme eher mechanisch und pneumatisch. Mittlerweile werden immer mehr servogestützte Systeme eingesetzt. Vision-Kameras und IoT sind Teil von Systemen, die mehr Sicherheit bieten, und diese können auch in der Mischproduktion eingesetzt werden. Wir können On-Fly-Konfigurationen und -Informationen ändern, um verschiedene Teile des Systems zu erfassen. Als führender Lieferant von End-of-Arm-Tools entwickeln und produzieren wir Modulsysteme. Wir haben auch Systemkonfiguratoren und Tools entwickelt, die unsere Kunden bei der Validierung der Anwendungen unterstützen. Anlagenbauer wollen High Speed, High Availability, Predictive Maintenance und prozesssichere Handling-Lösungen für ihre flexiblen Produktionen. Die Anbindung an MES und ERP ist eine weitere Anforderung, die nun an die jeweiligen Anwendungen angepasst wird. Unsere Aufgabe als Entwickler und Hersteller von Greifersystemen ist es, diese Anforderung bestmöglich zu erfüllen. Modularisierung, Miniaturisierung, Leichtbau, Fernwartung und Sensibilität sind nur einige Stichworte dafür.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Und welches waren die bislang größten Erfolge in der Handhabungstechnik?

Raibagi: Mit der steigenden Leistungsfähigkeit der Computer rückte die künstliche Intelligenz in den Vordergrund, die Computer- und Steuerungstechnik entwickelte sich weiter. Aufgrund neuer und präziser Sensortechnologie und Bildverarbeitungssystemen hat uns diese Entwicklung dazu veranlasst, diese Technik in unsere End-of-Arm-Tool-Lösungen einzubetten. Was früher in der Handhabungsautomatisierung als schwierig oder unmöglich galt, ist jetzt möglich: Anwendungen wie der Griff in die Kiste, Tracking oder das Handling flexibler Teile sind prozesssicher automatisiert. Die Automatisierung hat sich auch in Branchen wie der Lebensmittel-, Pharma- und Medizinindustrie etabliert, in denen die Handarbeit aufgrund sehr hoher Hygiene- und Sicherheitsstandards die hochwertige Verarbeitung weitgehend dominiert hat. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist, dass das Frontend, also das Greifsystem, zum entscheidenden Element für den Erfolg solcher Anwendungen geworden ist. Es kann dabei eine Vielzahl an Daten auswerten, was für den gesamten Handhabungsprozess, einschließlich des Vorher/Nachher-Verfahrens, von immenser Bedeutung ist. Der Greifer oder das Greifsystem ist Teil der digitalen Kette eines Wertschöpfungsprozesses. Liefen früher roboterbasierte Handhabungsanwendungen aus Sicherheitsgründen hinter Schutzzäunen ab, kollaborieren jetzt Roboter mit Menschen und somit mit Greifern. Dennoch gibt es immer noch Bereiche, in denen der Mensch aufgrund seiner sensorischen, taktilen und kognitiven Fähigkeiten und aufgrund seiner empirischen Erfahrung jeder Automatisierungslösung überlegen ist. Doch humanoide Roboter holen hier auf und die Zimmer Group muss sich dazu Gedanken machen.

„Das Greifsystem ist Teil der digitalen Kette eines Wertschöpfungsprozesses.“ Sunil Raibagi, Zimmer Group

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Zimmer GmbH
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