ROBOTIK UND PRODUKTION: Gibt es Pläne, weitere Geschäftsfelder zu erschließen?
Roßkopf: Nein. Wir konzentrieren uns nach wie vor auf unsere bewährten drei Säulen Automotive, Energy und Medizintechnik. Da gibt es durchaus übergreifende Synergien. Denken wir nur mal an Photovoltaik und die dezentrale Speicherung von Energie. Die wiederum ist auch für die Elektromobilität relevant. Wir haben ein solches Projekt im eigenen Hause realisiert: Mit den Solarmodulen auf dem Dach unserer neuen Produktionshalle erzeugen wir Strom, speichern ihn dezentral, um damit nachts die Akkus unserer Elektroautos zu laden. Zudem konzentrieren wir uns weiterhin auf die Entwicklung und Optimierung von Softwareprodukten, Prozessen und Technologien, die für diese Geschäftsfelder relevant sind. So haben wir z.B. als Alternative zum Lötprozess in unseren Stringer-Anlagen einen Klebeprozess entwickelt. Und aufgrund dieser vorteilhaften Fügetechnik konnten wir im vergangenen Jahr ein paar durchaus beachtenswerte Aufträge akquirieren.
ROBOTIK UND PRODUKTION: Herr Roßkopf, lassen Sie uns nochmals zur E-Mobilität zurückkommen. Elektroautos von Nissan, Renault und Tesla verkaufen sich besser als solche aus deutscher Produktion. Welches sind aus Ihrer Sicht die Gründe dafür?
Roßkopf: Das ist zunächst mal eine Frage des Angebotes. Es gab und gibt am Markt wesentlich mehr Elektroautos anderer Hersteller als solche aus deutscher Produktion. Der erste Elektro-Smart von Daimler ist zwar vor gut zehn Jahren auf den Markt gekommen. Zu dieser Zeit aber haben deutsche Automobilbauer noch an anderen, eigenen Alternativen zum Verbrennungsmotor gearbeitet – Hybridantrieb, Wasserstoffantrieb, Brennstoffzellenantrieb, Erd- oder Flüssiggas. Mit anderen Worten: Es gab kein einstimmiges Bekenntnis zur E-Mobilität. Richtig Druck auf die einheimische Autobranche ist erst vor etwa drei Jahren aufgekommen, als Tesla sein Model 3 vorgestellt hatte und die Zahl der Vorbestellungen mit 325.000 Fahrzeugen innerhalb einer Woche quasi durch die Decke ging. Mittlerweile sind es mehr als eine halbe Million Vorbestellungen. Erst seitdem beschäftigen sich deutsche Automobilbauer ernsthaft mit der Elektromobilität.
ROBOTIK UND PRODUKTION: War vielleicht vor knapp zehn Jahren die Ankündigung unserer Bundeskanzlerin, dass 2020 eine Million Elektroautos über unsere Straßen rollen werden, etwas zu euphorisch?
Roßkopf: Eine sehr schöne Umschreibung für die Abwesenheit jeglicher Voraussetzungen, um dieses Vorhaben erfolgreich zu realisieren. Es gab dafür keinerlei Konzept und keine Koordination. Es fehlte flächendeckend die Infrastruktur in Form von Elektrotankstellen. Die Kapazität der E-Akkus ließ mehrheitlich nur einen begrenzten Aktionsradius von Elektroautos zu. Es gab keine Technologien, um die Akkus zeitsparend zu laden, ja, es gab damals nicht einmal einheitlich genormte Ladestecker. Angesichts all dessen kann man nicht ernsthaft erwarten, dass sich hunderttausende Autokäufer pro Jahr für Elektromobile entscheiden.