Car Body Manufacturing bei Thyssenkrupp System Engineering in Mühlacker

Bewährte Automatisierungstechnik

Im Jahr 2017, als der Standort konzeptioniert wurde, stellte sich hinsichtlich der Automatisierung die Frage, ob man auf die allerneueste, noch relativ unerprobte Siemens-SPS-Technik setzen solle, also S7-1500 oder TIA Portal. „Das wäre natürlich sehr zukunftsgerichtet gewesen, doch das Werk in Mühlacker war ursprünglich nur auf eine begrenzte Produktionszeit ausgelegt. Es konnte damals noch niemand absehen, dass es deutlich länger werden würde“, fährt Borner fort. Deshalb fiel die Entscheidung auf SPS-Seite zugunsten der S7-300. Bei der Programmierung wurde auf die bewährte und etablierte Programmierversion 5 des VASS-Standards gesetzt. „Ein wichtiger Punkt: Für unsere Steuerungstechnik gibt es genügend Programmierer“, fügt Dietz an. Denn die Automatisierung sei auch immer eine Personalfrage, gerade in wettbewerbsintensiven Regionen, wie es rund um Stuttgart der Fall ist. Der Automatisierungsgrad im Werk in Mühlacker ist sehr hoch. Alle Anlagen sind so ausgelegt, dass sie möglichst lange ohne Eingriff des Werkes laufen können – in der Regel zwischen 30 und 60 Minuten. Die Produktionsmitarbeiter sollen möglichst viele Stationen parallel bedienen.

Der Großteil der 220 Roboter im Werk von Thyssenkrupp System Engineering stammt vom Hersteller Kuka. (Bild: ThyssenKrupp System Engineering GmbH)

Der Großteil der 220 Roboter im Werk von Thyssenkrupp System Engineering stammt vom Hersteller Kuka. (Bild: ThyssenKrupp System Engineering GmbH)

Qualität im Fokus

Knapp 40 S7-Steuerungssysteme sind im Werk verbaut. „Die SPS-Technik haben wir über die Jahre weiterentwickelt und Funktionalität integriert, die man im Rohbau normalerweise noch nicht findet“, betont Gregor Borner. So kontrollieren und erfassen die Anlagen in Mühlacker – ganz im Sinne einer Smart Factory – selbstständig die Qualität der eingehenden Teile, der jeweiligen Prozessschritte und der gefertigten Produkte. Dieses Vorgehen ist auch bei den Automobilbauern ziemlich neu. „Dadurch lässt sich nachvollziehen, in welchem Fahrzeug ein bestimmtes Teil verbaut wird“, verdeutlicht Dietz den Vorteil für die Qualitätssicherung. „Sogar jeder einzelne Schweißpunkt wird erfasst.“ So bekommt der Werker schon unmittelbar nach einem Fertigungsschritt Feedback, welche Stelle gegebenenfalls geprüft oder nachgearbeitet werden muss. Darüber hinaus werden die Halbzeuge auch während der Produktion stichprobenartig mit einem mobilen Faro-Messarm geprüft. Abschließend wird für jede Karosserie ein kompletter Messbericht erstellt: In diesem Rahmen prüft eine robotergeführte Zeiss-Inline-Messanlage rund 160 bis 180 Messpunkte. „Die Toleranzen sind dabei kleiner als ein Zehntel Millimeter“, so Borner. „Ganz schön wenig, wenn man bedenkt, dass wir bis dahin mehr als 200 Einzelteile zusammengesetzt haben.“

Die SPS-Technik haben wir über die Jahre weiterentwickelt und Funktionalität integriert, die man im Rohbau normalerweise noch nicht findet. (Bild: TeDo Verlag GmbH)

„Die SPS-Technik haben
wir über die Jahre weiterentwickelt
und Funktionalität integriert, die
man im Rohbau normalerweise
noch nicht findet.“ Gregor Borner, Thyssenkrupp System Engineering(Bild: TeDo Verlag GmbH)

Roboter für große Lasten

Bei den Robotern hat man sich durchgängig für Modelle von Kuka entschieden. Die Ausnahme bilden neun Schwerlast-ABB-Roboter, die die Karosserieplattformen von einer Station zur nächsten bringen und über die Schutzzäune in die jeweiligen Anlagenbereiche heben. Sie transportieren Lasten bis 550kg auf speziell angefertigten Linearachsen des Herstellers FEE. „Weil sich die Stückzahlen in unserer Fertigung erhöht haben, ist dieser Prozess mittlerweile ziemlich ausgereizt“, lässt Dietz durchblicken. „Das war für uns eine sehr anspruchsvolle Aufgabe“, pflichtet ihm Borner bei. Um den reduzierten Taktzeiten Rechnung zu tragen, werden heute teilweise zwei Roboter pro Linearachse eingesetzt. „Fast jeder Zentimeter Produktionsfläche wird genutzt und dennoch sind unsere Roboter erstaunlich mobil“, sagt Dietz. Wie lange die tatsächliche Laufzeit der Anlagen tatsächlich sein wird, hänge zum Teil von der Akzeptanz der produzierten Fahrzeuge ab. „Aber wir haben hier im Werk sehr zukunftsfähige Anlagen und sind von daher auch gut für Nachfolgeprojekte aufgestellt“, versichert Dietz.

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www.thyssenkrupp-system-engineering.com

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