Automatisierung und Schweißen in der vernetzten Produktion

13Automatisierung und Schweißen in der vernetzten Produktion

„Der Schweißer bekommt eine beratende Funktion“

Welche Trends prägen das Roboterschweißen? Und welche neuen Technologien halten Einzug in solche Anwendungen? ROBOTIK UND PRODUKTION hat sich darüber mit Peer Schumacher, Department Head Robot & Welding Systems Europe, und Stefan Klose, Senior General Manager Systems & Solutions bei Panasonic, unterhalten.

„Speziell im Bereich E-Mobility, etwa bei der Produktion von Elektromotoren, Hybrid-Motoren oder Batteriekästen aber auch bei der Karosserie, werden aktuell neue Wege eingeschlagen.“ Peer Schumacher, Panasonic (Bild: Panasonic Industrie Europe GmbH)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Welche Trends bestimmen aktuell das automatisierte Schweißen?

Peer Schumacher: Wir sehen bei vielen Kunden den Trend zur Verarbeitung von neuen Materialien wie speziellen Aluminiumlegierungen oder Hybridverbindungen, die z.B. für crashsichere Batteriewannen eingesetzt werden. Das Thema hochfeste Stähle im Kontext des Leichtbaus ist eine Herausforderung, gerade Verbindungen aus Alu und Stahl werden vermehrt eingesetzt. Hier lassen sich durch vor- und nachgelagerte Qualitätskontrollen der Schweißprozess verbessern und die Kosten reduzieren. Gerade komplexe Geometrien wie genannte Batteriewannen, aber auch Rohrleiterkonstruktionen sind immer öfter gefragt. Wir finden zusammen mit unseren Kunden Lösungen, um diese Herausforderungen zu meistern. Natürlich sind auch Cobots nach wie vor ein Gesprächsthema, vor allem bei kleinen und mittelständischen Unternehmen.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Welche neuen Technologien nehmen Einfluss auf moderne Schweiß-Applikationen?

Stefan Klose: Da Schweißanwendungen in der Fertigung Teil einer integrierten Lösung sind, werden IoT-basierende Konzepte auch hier Einzug halten. Die Vernetzung der Fertigungsschritte mit Hilfe von Cloud-Lösungen und die damit möglichen Analyse von Daten über die Schweißqualität oder die die Effizienz der Prozesse wird zur Optimierung der Fertigung führen. Des Weiteren besteht dann der Vorteil, Maschinen und Anlagen ortsunabhängig zu parametrieren bzw. im Fehlerfall per Fernwartung geeignete Maßnahmen einzuleiten. Panasonic bietet rund um Roboter auch die gesamte Palette von Automatisierungslösungen an.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie verändert sich dadurch das Anwendungs- und Branchenspektrum für roboterbasiertes Schweißen?

Schumacher: Speziell im Bereich E-Mobility, etwa bei der Produktion von Elektromotoren, Hybrid-Motoren oder Batteriekästen aber auch bei der Karosserie, werden aktuell neue Wege eingeschlagen. Hier wird die Fertigung zunehmend automatisiert, auch als Reaktion auf die aktuellen Herausforderungen im Rahmen der Pandemie. Um die Unabhängigkeit von komplexen Lieferketten zu gewährleisten wird die Produktion oftmals zurück nach Europa verlagert. Auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels schafft eine umfassende Automatisierung so lokale, krisensichere und vor allem effiziente Produktionsumfelder.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Der Automobil- bzw. Karosseriebau bleibt also Taktgeber?

Schumacher: Ja, der Automotive-Sektor ist ganz klar der Innovationstreiber. Aber auch über den klassischen Automobilbau hinaus sehen wir eine hohe Nachfrage, speziell im Agrarsektor. Zudem werden unsere Schweißroboterlösungen z.B. auch bei der Fertigung von Motorradrahmen in Europa eingesetzt. Die Nachfrage steigt aber auch ganz generell im Maschinenbausektor.

„Da Schweißanwendungen in der Fertigung Teil einer integrierten Lösung sind, werden IoT-basierende Konzepte auch hier Einzug halten.“ Stefan Klose, Panasonic (Bild: Panasonic Industrie Europe GmbH)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Inwieweit können moderne Automatisierungslösungen den Werker im manuellen Schweißprozess unterstützen?

Schumacher: Unsere Automatisierungslösungen unterstützen den Schweißer durch eine hohe Ergometrie und tragen somit dazu bei, dass die Ausübung des Berufes erleichtert wird. Damit wird in letzter Konsequenz daduch die Qualität des Produkts erhöht, bei gleichzeitiger Reduktion des zeitlichen Aufwandes. Ganz konkret ist es beispielsweise möglich, hochwertige Fahrradrahmen aus Aluminium automatisiert zu schweißen und diesen bisher oft manuellen Prozess effizienter zu gestalten.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie verändert sich das Berufsbild des Schweißers? Welche Rolle werden Cobots hier mittelfristig einnehmen?

Schumacher: Der Schweißer bekommt künftig eher eine beratende Funktion für den Roboter, der sein Wissen erst erlernen muss. Insgesamt ist der Einsatz von Automationslösungen für Schweißer unabdingbar, da der demografische Wandel in den nächsten Jahren speziell in diesem Bereich für einen hohen Bedarf sorgen wird. Der Einsatz von Cobots könnte dieser Entwicklung des Fachkräftemangels entgegenwirken, bzw. Unterstützer des Schweißers und Übergangslösung für das industrielle Schweißen sein.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Gibt es bereits Schweißanwendungen von Panasonic mit Cobot?

Schumacher: Panasonic hat die Cobot-Idee aufgegriffen und mit einer ausgereiften, CE-zertifizierten Lösung kombiniert, die die Sicherheit des Bedieners gewährleistet. Mit der einfachen Programmierung stellt sie eine neue, ausgereifte Lösung für viele Schweißanwendungen dar. Die Schweißzelle PA-c-TT Connect wird als Komplettlösung, zugeschnitten auf die individuellen Anforderungen des Kunden konfiguriert. Für das Handling des Roboters sind keine speziellen Programmierkenntnisse notwendig, da die Software den Bediener in einfachen Schritten unterstützt, um das bestmögliche Schweißergebnis zu erzielen. Der Einsatz der Schweißzelle lohnt sich schon ab kleinen Losgrößen bis zu mittelgroßen Serien.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie wird die Fabrik der Zukunft und wie das automatisierte Schweißen dort aussehen? 

Schumacher: Der Automatisierungsgrad wird weiter ansteigen. Das aber im Gegensatz zur Vergangenheit nicht aufgrund der Skalierbarkeit der Produktion gleicher Güter, sondern im Aufbau von Produktionslinien, die eine Massenfertigung mit kleinen Losgrößen erlauben. Für das Schweißen bedeutet das: kurze, vollautomatisierte Einstell- und Rüstzeiten. Diese sind nur möglich durch intelligente Anbindungen der Anlagen an übergeordnete Produktionssteuerungen.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Eine letzte Frage: Wie muss sich Panasonic verändern, um den Wandel zur digitalen Fabrik mitzugestalten?

Klose: Die Schlagwörter Industrie 4.0 und Industrial Internet of Things motivieren uns, neue Produkte und Dienstleistungen zusammen mit unseren Kunden zu entwickeln. Daraus entstehen intelligente Lösungen zur automatisierten Fertigung. In dieser Hinsicht wandeln wir uns im Moment vom Komponenten- zum Lösungsanbieter, der aus einer Hand einen anwendungsspezifischen Schweißroboter integriert in ein Gesamtsystem mit Steuerung, Zuführung, Sensorik, Bedieneinheit und Safety anbietet. Kurzum: Künftig werden Produktions- und Qualitätsdaten gesammelt, ausgewertet und zur Prozessverbesserung wieder in die Produktion zurückgespielt, unabhängig wo in der Welt die Fabrik liegt. Unsere Kunden profitieren dabei von einem der breitesten Produktportfolios der industriellen Automatisierungstechnik. (mby)

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: Fraunhofer-Institut IFAM
Bild: Fraunhofer-Institut IFAM
Positioniergenauigkeit egal

Positioniergenauigkeit egal

Für die Qualitätskontrolle von additiv gefertigten (3D-gedruckten) Metallbauteilen hat das Fraunhofer IFAM eine Messstation entwickelt, die aus einem Leichtbauroboter, einem Inline-Sensor (Streulicht) und einem 3D-Sensor (3D-Flächenscanner) besteht. Mithilfe des 3D-Sensors ließ sich erfolgreich die Position der Bauteile bestimmen, woraufhin der Roboterpfad an Verschiebungen und Drehungen angepasst werden konnte. Anschließend konnte mit dem Inline-Sensor dann positionsunabhängig die Rauheit als Qualitätsmerkmal der Bauteile bestimmt werden.

Bild: Zimmer Group
Bild: Zimmer Group
Weniger Kosten durch Zeitersparnis

Weniger Kosten durch Zeitersparnis

Wenn es um die Produktion von Radialwellen-Dichtungsringen geht, ist eine intelligente Greiflösung unerlässlich, denn der Greifer muss Dichtungsringe mit verschiedenen Maßen flexibel handhaben. Der Hersteller Kaco setzt hierbei auf einen IO-Link-Greifer von Zimmer, der letztendlich die Produktion effizienter und schneller macht.

Bild: Robotextile GmbH
Bild: Robotextile GmbH
Automatisierung von biegeschlaffen Werkstücken

Automatisierung von biegeschlaffen Werkstücken

Bei der Handhabung biegeschlaffer Werkstücke treten am Produkt Verformungen auf, die die Automatisierung seit Jahrzehnten vor ein Problem stellen. Eine weitere Herausforderung, die das prozesssichere Greifen von Stoffen bisher nahezu unmöglich macht, ist das Vereinzeln von Stofflagen voneinander. So findet die Maschinenbestückung und -entnahme in der Textilindustrie meist manuell durch eine Person statt. Diese nicht wertschöpfenden Tätigkeiten und Blindprozesse können nun durch die Greiferlösungen von Robotextile automatisiert werden.