Interview mit Ralf Steinmann, Schunk

ROBOTIK UND PRODUKTION: Dem steht allerdings der Ansatz von Industrie 4.0 entgegen. Hier spricht man ja eher von Hochautomation, von vernetzten Produktionsmitteln, die miteinander kommunizieren, sich selbst steuern, organisieren, überwachen und optimieren.

Steinmann: Für Schunk sind angepasste Automatisierungslösungen und Hochautomation kein Widerspruch. Beides hat seine Berechtigung. Industrie 4.0 sehen wir als große Chance und Herausforderung, gemeinsam mit unseren Zulieferern, Kunden und mit Unternehmen aus dem IT-Bereich hocheffektive, digital vernetzte Produktionssysteme zu gestalten.

„Für Schunk sind angepasste Automatisierungslösungen und Hochautomation kein Widerspruch.“ Ralf Steinmann, Schunk (Bild: Schunk GmbH & Co. KG)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Aber für Industrie 4.0 gibt es doch überhaupt keine greifbare Definition sondern allenfalls Schlagworte wie Internet of Things oder Smart Factory, die nicht weniger schwammig sind.

Steinmann: Genau deshalb interpretieren Unternehmen in Deutschland Industrie 4.0 so unterschiedlich und leiten daraus ihren jeweiligen Handlungsbedarf ab. Das schafft Freiräume, die Maschinen- und Anlagenbauer, IT-Spezialisten und wir von Schunk mit Inhalten füllen müssen.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Welche konkreten Pläne verfolgt Ihr Unternehmen mit Blick auf Industrie 4.0 bei der Greiferentwicklung?

Steinmann: Nun, der Denkansatz von Industrie 4.0 ist es ja, dass alle Produktionssysteme inklusive ihrer einzelnen Funktionselemente horizontal wie vertikal miteinander vernetzt sind, dass sie auf diesen Ebenen miteinander kommunizieren, dass sie sich selbst überwachen und optimieren und dergleichen mehr. Für uns heißt das nichts anderes als vernetzbare, kommunikationsfähige Greifsysteme, Pick&Place-Einheiten inklusive der peripheren Komponenten zu entwickeln und dem Markt bereitzustellen. Solche hatten wir aber schon im Programm lange bevor Industrie 4.0 überhaupt thematisiert worden war. Heute sprechen wir hier von intelligenten Greifsystemen. Die Intelligenz resultiert dabei vor allem aus der integrierten Sensorik und den Schnittstellen zu Bussystemen wie Profinet und zu Kommunikationssystemen wie IO-Link. Bei unserem Elektrogreifer PGN-plus-E beispielsweise, den wir jüngst vorgestellt haben, lässt sich die Greifkraft über IO-Link an das jeweilige Werkstück anpassen. So kann er völlig unterschiedliche Teile sicher greifen. Integrierte Sensoren erfassen bei diesem Greifer die Position der Finger sowie den Stromverbrauch und die Temperatur. Diesen Greifer gibt es übrigens auch für die Ansteuerung über digitale I/O. Das bringt mich auf einen weiteren Aspekt von Industrie 4.0: die Digitalisierung. Mit dem Online-Tool Schunk eGrip können unsere Kunden werkstückspezifische Greiferfinger selbst konfigurieren und online bei uns bestellen. Das verkürzt Konstruktions- und Lieferzeiten drastisch. Auf der diesjährigen Hannover Messe war eines unserer Highlights der Mechatronic Concept Designer und der sogenannte digitale Zwilling von Schunk. Mit diesem Paket sind Konstrukteure und Anlagenplaner künftig in der Lage, komplette Montageanlangen dreidimensional zu simulieren und alle Stufen des Engineering-Prozesses bis hin zur Inbetriebnahme virtuell abzubilden. Der Vorteil für den Nutzer ist eine deutliche Verkürzung der Engineering- und Projektlaufzeit. Zugleich verringert sich das Fehlerrisiko. Last but not least setzen wir von Schunk auch auf digitale Serviceleistungen. Greifer wie der EGL-Profinet-Parallelgreifer können Prozess- oder Bauteildaten erfassen und der Anlagensteuerung oder einem übergeordneten ERP-System übermitteln. Dort werden sie ausgewertet und aufgrund der dabei gewonnenen Informationen lassen sich dann gegebenenfalls Prozesse verbessern oder Wartungsmaßnahmen initiieren.

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SCHUNK GmbH & Co. KG
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