Jörg Thomas, Leiter Vertrieb bei Trapo, im Interview

Jörg Thomas, Leiter Vertrieb bei Trapo, im Interview

Mehr Effizienz und Sicherheit zwischen Lager und Laderampe

Als Gesamtanlagenhersteller ist es das Ziel von Trapo, mit automatisierten Abläufen mehr Sicherheit für Menschen, Maschinen und Waren zu schaffen. Um Unfälle zu vermeiden und das Arbeiten im Bereich der Laderampe langfristig sicherer zu gestalten, hat das Unternehmen ein autonom fahrendes Ladungssystem entwickelt. ROBOTIK UND PRODUKTION sprach mit Vertriebsleiter Jörg Thomas über Trapos Gesamtlinienkonzept, das hauseigene Managementsystem und erste Pilotanwendungen.

Trapo hat ein Gesamtlinienkonzept als geschlossenes, aufeinander abgestimmtes System mit Komponenten und Steuerung aus einer Hand entwickelt. (Bild: Trapo AG)

Trapo hat ein Gesamtlinienkonzept als geschlossenes, aufeinander abgestimmtes System mit Komponenten und Steuerung aus einer Hand entwickelt. (Bild: Trapo AG)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Bitte beschreiben Sie Ihr Gesamtlinienkonzept, das Sie ursprünglich auf der Logimat 2020 präsentieren wollten.

Jörg Thomas: Eine Gesamtlinie bietet Anwendern klare Vorteile. Unternehmen erhalten ein geschlossenes, aufeinander abgestimmtes System mit Komponenten und Steuerung aus einer Hand, Schnittstellen zu Drittanbietern entfallen. Wir haben unser Portfolio daher in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut, um unseren Kunden genau diesen integrierten Ansatz zu bieten. Mittlerweile umfasst unser Gesamtlinienkonzept Lösungen für zahlreiche Aufgaben in Produktion und Intralogistik, denn der Bedarf nach einer kompletten Automatisierung des Warenflusses ist in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. Aus dieser Notwendigkeit heraus entstand das neue Konzept des Trapo Ladungs Systems, kurz TLS. Dabei handelt es sich um ein autonom agierendes System, das mittels Sensoren an der Rampe die Höhenunterschiede ausgleichen und seine Position korrigieren kann. Es verlädt in einem Arbeitsgang parallel jeweils drei Paletten mit je 1.200kg. Das TLS schließt die Sicherheitslücke zwischen Warehouse und Verladerampe. Dabei stellt es im wahrsten Sinne des Wortes die Weichen für automatisiertes Be- und Entladen neu. Denn wahlweise agiert die Verfahreinheit auf Schienen oder auf einem für 20t ausgelegten fahrerlosen Transportsystem, um mit einer Einheit mehrere Beladeplätze zu bedienen. Abhängig von Anforderung und Umfang der Arbeiten können auch mehrere Systeme in der Ladezone agieren. Durch die kompakte Bauweise von etwa 8x5m ist der Platzbedarf gering. Das TLS selbst ist 6m lang, 1,4m hoch und kann je Reihe 3,6t Nutzlast aufnehmen. Das Be- und Entladen von Lkw und Containern erfolgt in drei Sequenzen: Bilden und Positionieren der Reihe, Bereitstellen der Paletten und anschließendes Verladen. Während des Verladevorgangs wird bereits eine weitere Palettenreihe auf dem stationären Teil gebildet und bereitgestellt. Dieser kontinuierliche Ablauf spart Zeit und Wegstrecke. Für einen 13m-Trailer beträgt die Beladezeit mit 33 Paletten etwa 15min, abhängig vom Ladegut.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Was ist die Besonderheit beim Zusammenspiel Ihres Ladungs Systems TLS mit Ihrem Transportshuttle TTS? Welche weiteren Besonderheiten bietet die Lösung?

Thomas:
Ein wichtiger Baustein in einem Gesamtkonzept zur Automatisierung sind bestmöglich aufeinander abgestimmte Prozesse innerhalb des Warenflusses. Allerdings ist das auch genau die Herausforderung, an der viele Unternehmen scheitern. Uns war es wichtig, unsere Kunden mit unseren Lösungen aktiv zu unterstützen. Daher haben wir unser System und unser Trapo Transport Shuttle, kurz TTS, als ein autonom agierendes Duo aufeinander abgestimmt. In der Praxis sieht das so aus, dass das Shuttle palettierte Ware mit einer Gesamtlast von bis zu 3,6t anliefert, die vom Ladungssystem entgegengenommen wird. Die Paletten werden von hinten auf das TLS geladen, um seitlich Raum zu sparen. Anschließend werden sie Zug um Zug in das entsprechende Fahrzeug verladen. Anwender reduzieren so nicht nur den Platzbedarf. Durch den Ausschluss von Gabelstaplern in der Ladezone erhöhen sie auch die Sicherheit, reduzieren den Zeitaufwand und realisieren den Warenumschlag im Sinn einer effektiven Gesamtlogistik. Als Leitinstanz regelt und überwacht TIM, das Trapo Intelligent Managementsystem, die automatisierten Abläufe zwischen Produktion und Laderampe. Über TIM werden z.B. freie TTS angewählt und der kürzeste Weg zum Ziel vorgegeben. Das übergeordnete System fungiert außerdem als Ampelschaltung, damit die TTS sicher und effizient neben- und miteinander agieren.

„Wir sehen die Gefahrenquellen am Verladeort und arbeiten
kontinuierlich an Lösungen, um die Risiken zu reduzieren.“ Jörg Thomas, Trapo (Bild: Trapo AG)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Ein Kernthema Ihres Konzeptes ist die hohe Sicherheit für Mensch und Ware. Wie wollen Sie diese erreichen?

Thomas:
Immer wieder ereignen sich bei Tätigkeiten am Verladeort Unfälle, bei denen es nicht nur zu Beschädigungen an der Ware, sondern auch zu Verletzungen seitens der Fahrzeugführer oder des Verladepersonals kommt. Wir sehen die Gefahrenquellen und arbeiten kontinuierlich an Lösungen, um die Risiken zu reduzieren. Gemeinsam mit Vertretern renommierter Universitäten entwickelt unser Team im hauseigenen Technikum neue Ansätze für die Gesamtlinie. Auf diese Weise haben wir bereits zahlreiche individuelle Lösungen für unsere Kunden und ihre branchenspezifischen Anforderungen erarbeitet. Zum Beispiel haben wir gemeinsam mit der RWTH Aachen eine ebene Hochleistungsparallelkinematik entwickelt.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Für Ihr Gesamtlinienkonzept nutzen Sie ein selbst entwickeltes Managementsystem. Was unterscheidet das System vom Angebot Ihrer Wettbewerber?

Thomas:
Das Managementsystem TIM wurde aus der Maschinenpraxis heraus für den automatisierten Maschinenbau als branchenunabhängiges und kundenseitig konfigurierbares Datenmanagementsystem entwickelt. Mit Blick auf die Bedürfnisse unserer Kunden haben wir das System auf die Anforderungen der Industrie 4.0 ausgelegt. Wir arbeiten bereits seit 2018 mit TIM. Insbesondere für global agierende Unternehmen empfehlen sich die Transparenz und die nahezu unbegrenzten Analysemöglichkeiten, die ein Datenmanagementsystem bietet. So können zu jeder Zeit standortübergreifend aus allen Anlagen Kennzahlen erhoben und vergleichend ausgewertet sowie die Fertigung auf Basis von Echtzeitdaten gesteuert und die Wartung unterstützt werden. Unser Managementtool kann somit zur nachhaltigen Verbesserung der gesamten Wertschöpfungskette genutzt werden. Ein weiterer USP ist unser Digital-Hub-Konzept. Darüber lässt sich der gesamte Workflow in der Kundenkommunikation digital abbilden. TIM nimmt hierbei eine zentrale Rolle ein und ermöglicht unter anderem durch Visualisierung und Kontrolle der Anlage die Vorgabe bedarfsbezogener Wartungsarbeiten für die vorausschauende Instandhaltung. Ziel ist es, in einer automatisierten Umgebung mit virtuellen Prozessen deutlich nachhaltigere und effektivere Abläufe auf Kundenseite zu erreichen.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Ist das Gesamtlinienkonzept schon bei Pilotkunden im Einsatz? Gibt es bereits erste Anwendungen für Ihr Konzept?

Thomas: Die erste vollautomatische Gesamtlinie ist bei Jermi Käsewerk im Einsatz. Dort beinhaltet die Gesamtlinie zwei Hochleistungspalettierer zur Lagenpalettierung sowie zwei Warehouse Shuttles, die das Ein- und Auslagern im Hochregallager übernehmen. Darüber hinaus ist ein Shuttle-Fleet mit sechs Transportshuttles für den Weitertransport der verpackten Käsevariationen zum Stretch Wrapper sowie weiter zum Lager und zur Verladestation im Einsatz. Dort übernimmt ein TLS das autonome Verladen der Paletten. Die Steuerung der gesamten Prozesse erfolgt über TIM.

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