Alles andere als ein Jobkiller

Geschichte der Robotik: Joe Engelberger, der Vater der Robotik

Alles andere als ein Jobkiller

Die Geburtsstunde der industriellen Robotik ist ein Musterbeispiel dafür, was geschehen kann, wenn Unternehmergeist auf ingenieurtechnische Genialität trifft.

Sie ist außerdem untrennbar verbunden mit dem Namen Joseph F. Engelberger, der gemeinhin als der Vater der Robotik angesehen wird. Der im New Yorker Stadtteil Brooklyn geborene Sohn deutscher Immigranten starb am 1. Dezember 2015 im Alter von 90 Jahren. Was zur Robotik-Revolution werden sollte, die bis heute voranschreitet, begann auf einer Cocktail-Party.

Der erste Industrieroboter in den USA mit Namen Unimate #001 kam im Jahre 1959 auf den Markt. (Bild: Robotic Industries Association)

Der erste Industrieroboter in den USA mit Namen Unimate #001 kam im Jahre 1959 auf den Markt. (Bild: Robotic Industries Association)

Im Jahre 1956 traf Joe Engelberger den Ingenieur und Erfinder George Devol auf einer Cocktail-Party. Zwei Jahre zuvor hatte Devol den ersten Roboterarm namens ‚A Programmed Article Transfer‘ entwickelt, zu dem das Patent noch nicht erteilt war, als sich die beiden Männer kennenlernten. Als begeisterter Leser der Science-Fiction-Romane des Autors Isaac Asimov, war Engelberger von Robotern fasziniert und erkannte sofort das Potenzial, das in Devols programmierbarer Handling-Einheit steckte. Nachdem Engelberger einen Sponsor für Devols Erfindung gefunden hatte, machten sich die beiden Ingenieure an die Arbeit und entwickelten das Gerät weiter zum Unimate #001, dem ersten Industrieroboter in den Vereinigten Staaten, der 1959 auf den Markt kam.

Wegbereiter für die Robotik war das zufällige Zusammentreffen der Ingenieure Joe Engelberger und George Devol auf einer Cocktail-Party im Jahre 1956. (Bild: Robotic Industries Association)

Wegbereiter für die Robotik war das zufällige Zusammentreffen der Ingenieure Joe Engelberger und George Devol auf einer Cocktail-Party im Jahre 1956. (Bild: Robotic Industries Association)

Erste Anwendungen in der Automobilindustrie

Wie so häufig in der Geschichte der industriellen Automation, so war auch hier die Automobilindustrie Vorreiter im Hinblick auf die breite Anwendung einer neuen Technologie. Engelberger und Devol stellten den Unimate #001 General Motors vor, und so wurde der Roboterarm erstmalig in einer Fertigungslinie der Druckguss-Fabrik des Automobilherstellers in Trenton, US-Bundesstaat New Jersey, bei einer Tätigkeit eingesetzt, die für menschliche Arbeitskräfte nicht selten ein hohes Risiko trug. Bereits 1956 hatte Engelberger die Firma Unimation, die schließlich zur Condec Corp. wurde, in Danbury, US-Bundesstaat Connecticut, gegründet, um das Geschäftsfeld der Roboter-Arme weiter auszubauen. Er leitete das Unternehmen, das schließlich rund 1.000 Menschen beschäftigen und später an Westinghouse verkauft werden sollte, bis 1983. Im Jahre 1961 war der Unimate 1900 der erste in Serie produzierte Roboterarm für die Fabrikautomation. 1969 baute GM seine Fabrik in Lordstown, im US-Bundesstaat Ohio, neu auf und installierte dort Unimate Punktschweiß-Roboter. Mit einer nie zuvor gesehenen Geschwindigkeit, produzierten die Roboter dort 110 Autos pro Stunde – mehr als doppelt so viele Pkw wie in jeder anderen Fabrik zu dieser Zeit. Mit Hilfe des Unimate revolutionierte GM die Automobilindustrie. Rasch gelang den Europäern der Anschluss, und so setzten unter anderem BMW, Volvo, Mercedes Benz, British Leyland und Fiat Roboterarme für Tätigkeiten ein, die für menschliche Arbeitskräfte unangenehm und häufig sogar gefährlich waren – ein entscheidender Vorteil von Robotern, der für Engelberger von großer Bedeutung war.

Joe Engelberger verstarb am 1. Dezember 2015 im Alter von 90 Jahren. (Bild: Robotic Industries Association)

Joe Engelberger verstarb am 1. Dezember 2015 im Alter von
90 Jahren. (Bild: Robotic Industries Association)

Öffentliche Akzeptanz

Die amerikanische Öffentlichkeit nahm von der Robotik-Revolution erstmals im Jahr 1966 Notiz, als Joseph Engelberger mit seinem Unimate in der berühmten Tonight Show des legendären Talkshow-Moderators Johnny Carson auftrat. Dort veranschaulichte der Roboter seine Fähigkeiten, indem er einige Tricks vorführte: So platzierte er einen Golfball in einer Tasse, schenkte ein Bier aus, schwenkte den Taktstock eines Orchesterdirigenten, oder griff sich ein Akkordeon und fuchtelte damit herum. Doch trotz dieses spektakulären TV-Auftritts hatte Engelberger in seinem Heimatland immer noch Schwierigkeiten ernst genommen zu werden, wie er in einem Interview mit dem Magazin Forbes im Jahr 1990 einräumte. Ein Hindernis für eine breitere Akzeptanz der Thematik – das bis heute existiert – ist die Annahme, dass Roboter Job-Killer sind, da sie im Verdacht standen – und immer noch stehen – den Bedarf an menschlicher Arbeitskraft zu eliminieren. Engelberger betrachtete das Thema von einer anderen Perspektive: Für ihn befreiten Roboter die Fabrikarbeiter von ‚unmenschlichen Tätigkeiten‘, indem sie Produktionsschritte wie beispielsweise das Sprühlackieren von Automobil-Karosserien oder das Verkleben von Windschutzscheiben übernahmen, die oft gesundheitsgefährdend waren. Außerdem arbeiteten Roboterarme präziser als die menschliche Hand. In Japan, wohin Engelberger erstmals 1966 reiste, um im Rahmen einer Konferenz vor rund 400 Firmenchefs über den Einsatz von Robotern in Produktionsumgebungen zu referieren, wurde er wesentlich wohlwollender als in seinem Heimatland empfangen. Drei Jahre später lizensierte Kawasaki Heavy Industries (heute Kawasaki Robotics) Unimate – Roboter für den asiatischen Markt.

Einsatz moderner Industrieroboter in der Automobilproduktion (Bild: ©Nataliya Hora / bigstockphoto.com)

Einsatz moderner Industrieroboter in der Automobilproduktion (Bild: ©Nataliya Hora / bigstockphoto.com)

Seiten: 1 2Auf einer Seite lesen

Robotic Industries Association
www.visiononline.org

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: KUKA AG
Bild: KUKA AG
Cobot-Einsatz in der Qualitätssicherung

Cobot-Einsatz in der Qualitätssicherung

Zur Qualitätssicherung des neuen Mahlwerks für die neue Kaffeemarke Ligre hinsichtlich Langlebigkeit und Einhaltung des voreingestellten Kaffeegewichts setzten die Entwicklungstechniker von Gronbach in einem Testaufbau auf die Unterstützung durch den Cobot LBR iisy von Kuka.

Bild: Fraunhofer-Institut IML
Bild: Fraunhofer-Institut IML
Belohnung als 
Anreiz zum Lernen

Belohnung als Anreiz zum Lernen

KI-Entwickler Julian Eßer trainiert Roboter, sich intelligent zu verhalten. Denn das Entscheidende ist, dass die Maschinen nicht nur bei kalkulierbaren Ereignissen richtig handeln. Vor allem müssen sie auch in unvorhergesehen Situationen das Richtige tun. Dafür testet er als Mitglied des AI Grids, einer Initiative des Bundesforschungsministeriums, die vielversprechende Talente in künstlicher Intelligenz in Deutschland fördert, am Fraunhofer IML Hunderte Roboter in virtuellen Welten. Ziel ist, dass die Maschinen üben und lernen, mit Störungen und Varianten ähnlicher Situationen umzugehen – und dann selbst Varianten anbieten. Dafür kommt eine Art Belohnungssystem für Roboter zum Einsatz: So lernen sie leichter aus Fehlern und wählen den schnellsten und effektivsten Weg zum Ziel.

Bild: TeDo Verlag GmbH
Bild: TeDo Verlag GmbH
inVISION Day Metrology 2024

inVISION Day Metrology 2024

Am 16. Mai 2024 findet zum zweiten Mal der inVISION Day Metrology – Digital Conference for Metrology statt. An dem Tag werden in den vier Sessions 3D-Scanner, Inline Metrology, Surface Inspection sowie CT & X-Ray aktuelle Lösungen und Produkte in zahlreichen 20-minütigen Vorträgen präsentiert.