Deutscher Robotik Verband – Positionierung und Ziele

Deutscher Robotik Verband – Positionierung und Ziele

„Der DRV ist ein typisches Startup“

Anfang des Jahres wurde der Deutsche Robotik Verband (DRV) gegründet. Vorrangiges Ziel ist es, den neuen Technologien in der Robotik sowie deren Einsatzmöglichkeiten in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) mehr Gehör zu verschaffen. Im Gespräch mit ROBOTIK UND PRODUKTION erklärt das Vorstandsteam, Helmut Schmid, Olaf Gehrels und Christoph Ryll, wie sich der Verband seit seiner Gründung positioniert hat und wo die Reise hingeht.

Olaf Gehrels (Bild: Deutscher Robotik Verband e.V.)

„Wir wollen ein Sprachrohr für
KMUs und eine Plattform zum
Austausch etablieren.”
Olaf Gehrels, Coboworx (Bild: Deutscher Robotik Verband e.V.)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Die Gründung des DRV wurde durchaus kontrovers diskutiert. Manche finden, der Fachverband im VDMA, in dem sich überwiegend die großen Robotikanbieter tummeln, sei genug. Ist einer aus dieser Riege schon dem DRV beigetreten?

Helmut Schmid: Bisher leider noch nicht. Dabei wären sie sehr willkommen. Vor allem, weil Fanuc, ABB, Kuka und Co. ja aktuell groß kommunizieren, dass sie mit Cobots eine neue Zielgruppe bedienen können. Nämlich die des DRV.

Olaf Gehrels: Die großen Roboterhersteller haben gemerkt, dass hier ein in Summe durchaus interessantes Geschäftsfeld lauert. Von daher würden wir uns über eine Zusammenarbeit im DRV wirklich freuen. Es soll ja auch auf keinen Fall der Eindruck entstehen: DRV gegen VDMA oder große Anbieter gegen kleine. Ganz im Gegenteil: Wir wollen ein Sprachrohr für mittelständische Anwender und eine Plattform zum Austausch etablieren. Ein Format, das wir in dieser Hinsicht anbieten und das sehr gut angenommen wird, sind unsere digitalen Kaminabende.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Um was geht es hier genau?

Gehrels: Die Idee ist nicht neu. Wir schaffen aktiv eine Möglichkeit für zwanglose Gespräche der Mitglieder untereinander, für ein näheres Kennenlernen oder für die gemeinsame Bewertung aktueller Trends und Themen. Ganz wichtig ist der Austausch über erste Erfahrungen, realisierte Anwendungen und Kontakte zu Anbietern oder Integratoren – das schafft Vertrauen in die Technologie und baut mentale Barrieren ab.

Schmid: Wir selbst nutzen die Kaminabende, um die Bedürfnisse unserer Mitglieder noch besser zu verstehen und sie direkt in die Arbeit und die Ausrichtung des DRV mit einzubeziehen.

„Wir sprechen uns mit dem Verband für ein Roboter-Gütesiegel aus.”
Helmut Schmid, Franka Emika (Bild: HS Auxsilium)

ROBOTIK UND PRODUKTION: Der Verband ist also noch gar nicht final positioniert?

Schmid: Richtig. Das Schöne, wenn man ganz neu startet, ist: Es ist noch nichts in Stein gemeißelt. Der DRV ist also ein typisches Startup in Form eines Verbandes.

Christoph Ryll: Wir haben den DRV gegründet, weil es bei den KMU viele offene Fragen gibt, die sich noch nicht pauschal beantworten lassen. Es fehlt bei solchen Applikationen schlicht und ergreifend an Erfahrung. Diese Fragen wollen wir sammeln, bündeln und dann in die jeweiligen Richtungen weitergeben – zu den Roboterherstellern, zu den Integratoren, zu den Zertifizierungsorganisationen.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Und es war nicht möglich, diesen Ansatz in den Fachverband des VDMA zu integrieren?

Gehrels: Wir erleben seit einigen Jahren eine hochspannende Dynamik im Do-it-yourself-Markt rund um Cobots, die stark von der Mentalität der dort tätigen jungen Unternehmen getrieben ist. Diese Dynamik aufzugreifen, lag bisher nicht explizit im Fokus des großen Verbands.

Schmid: Der VDMA ist natürlich ebenfalls im Sinne seiner Mitglieder unterwegs. Bedenkt man, dass von den vielen hunderttausend pro Jahr verkauften Robotern nur ein kleiner Bruchteil Cobots sind, macht der VDMA ja einen sehr guten Job, wenn er vorrangig die Interessen der großen Anbieter vertritt.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Der DRV hat mit Wandelbots ein Vorzeige-Startup im Gründungsteam, das sehr bekannt geworden ist. Warum ist das im Robotikbereich noch eher die Ausnahme?

Ryll: Wandelbots will die Markttrends zu kleineren Losgrößen und einfacherer Programmierung bedienen, denen sich hauptsächlich KMUs stellen müssen. Jetzt hat Wandelbots nicht nur eine tolle Lösung geschaffen, sondern das marketingseitig auch sehr gut kommuniziert. Bei vielen anderen vielversprechenden Ideen ist es anders gelaufen. Die wurden quasi zu Tode entwickelt, ohne dass die breite Masse je davon erfahren hat.

„Wir haben den DRV gegründet,
weil es bei den KMU viele
offene Fragen gibt.”
Christoph Ryll, Robotics Consulting (Bild: Christoph Ryll Robotics Consulting)

Schmid: Robotik-Startups sammeln oft stattliche Summen ein. Doch das Geld geht meist großteils in die Entwicklung, nicht in Vertrieb und Marketing. Schließlich sind die Gründer in der Regel Technologen. Daran scheitert es dann oft. Deswegen will der Verband solchen Startups eine Bühne bereiten, zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen und den Marktzugang eröffnen.

Gehrels: Ein weiterer Hemmschuh in vielen Fällen ist: Die neuen Lösungen sind cool, sind einfach, bieten großen Mehrwert, sind aber oft vom Preis her noch nicht sinnvoll einsetzbar. Ein Produkt kann noch so innovativ sein – es findet erst in die Anwendung, wenn es skalierbar und finanzierbar ist. Auch an dieser Stelle will der DRV junge Unternehmen voranbringen.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Apropos Geld: Vermittelt der Verband auch zwischen Startups, die Geld benötigen, und Geldgebern bzw. Investoren?

Schmid: Absolut. Wir haben z.B. einen Bereich, der sich mit Fördergeldern auseinandersetzt. Viele KMU schlagen bei entsprechenden Anträgen die Hände über dem Kopf zusammen. Und so werden zig Millionen Euro, etwa aus dem Digitalisierungspakt, gar nicht abgerufen, weil das Verfahren zu komplex ist und kaum einer durchblickt.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie sieht es aktuell bei der Zusammenarbeit des ­Verbands mit Hochschulen aus?

Ryll: Beim Hauptziel des DRV, die Robotik in Deutschland voranzutreiben, spielen Hochschulen eine ganz große Rolle. Denn die meisten neuen Ideen, werden ja dort geboren. Entsprechend laden wir alle Hochschulen dazu ein, Verbandsmitglieder zu werden – einige sind es ja auch schon. Wir wollen neue Ideen und Lösungen von Beginn an begleiten und dabei helfen, sie auf Praxistauglichkeit zu eichen.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Was steht als nächstes auf der Agenda des DRV?

Schmid: Wir sprechen uns mit dem Verband für ein Roboter-Gütersiegel aus, das auf den ersten Blick verdeutlicht: Was kann der Roboter? Für welche Einsätze eignet er sich? Und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt werden? Damit würde man dem Anwender, gerade im Mittelstand, ein wertvolles Werkzeug an die Hand geben. Aktuell wird verbandsintern stark diskutiert, wie ein solches Gütesiegel am besten realisiert werden könnte.

Ryll: Transparenz ist dabei das oberste Gebot. Man darf nicht den Eindruck erwecken, wer Verbandsmitglied ist, könne so ein Gütesiegel kaufen. Es müssen allgemeingültige Regeln festgelegt werden. Und dann wird keiner bevorzugt. (mby)

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