Virtuelles Testumfeld für Marsmissionen
Roboter erobern fremde Planeten
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Bremen haben 40km2 Marslandschaft in der virtuellen
Realität rekonstruiert. Das Testumfeld ermöglicht die realistische Simulation von Robotermissionen und Funknetzen unter den Bedingungen des Planeten. Eine besondere Herausforderung bestand darin, Schnittstellen zu den speziellen Softwaresystemen unterschiedlicher Roboter zu schaffen und diese als virtuellen Schwarm einzusetzen.
Die umfassende Erforschung des Mars zählt zu den wichtigsten Zielen der internationalen Raumfahrt in den kommenden Jahrzehnten. Um Menschen dabei nicht in Gefahr zu bringen, sollen Roboter eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen. Damit deren Einsatz in der fremden Umgebung getestet und das Zusammenspiel von weitgehend autonomen Roboterschwärmen realistisch simuliert werden kann, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Technologie-Zentrums Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen unter Leitung von Professor Gabriel Zachmann ein virtuelles Testumfeld entwickelt. Rund 40km2 des Canyon-Systems Valles Marineris auf dem Mars stehen für die Vorbereitung künftiger Missionen in der virtuellen Realität zur Verfügung.
Suche nach Rohstoffen und außerirdischem Leben
Im Rahmen des Projekts VaMEx-VTB (Valles Marineris Explorer – Virtual TestBed) hat die Arbeitsgruppe um Professor Zachmann die Mariner-Täler auf der Basis von Scans der NASA nachgebildet. „Die Region wurde ausgewählt, weil dort Rohstoffe vermutet werden, die für spätere bemannte Missionen und menschliche Siedlungen auf dem Planeten nützlich wären“, sagt Professor Zachmann. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit, Hinweise auf extraterrestrisches Leben zu finden, denn die Bedingungen für die Entstehung von Mikroorganismen könnten zumindest in der Vergangenheit – als der Mars klimatisch noch weniger lebensfeindlich war – gut gewesen sein. Weil das Terrain in den Canyons sehr vielfältig ist, werden für die Erkundung auch Roboter mit unterschiedlichen Stärken benötigt – einige können z.B. klettern, andere fliegen oder Nutzlasten transportieren. Zusätzlich muss ein Netzwerk aus kleinen, funkbasierten Leuchttürmen (Beacons) errichtet werden, damit die Roboter jederzeit ihre Position bestimmen können.
Hohe Anforderungen an die Software
Die TZI-Software ermöglicht es, das komplexe Zusammenspiel zwischen den Robotern unter Berücksichtigung aller Besonderheiten des Planeten – z.B. Schwerkraft, Bodenbeschaffenheit und extreme Temperaturen – zu simulieren. „Dafür mussten zunächst enorme Datenmengen verarbeitet werden, damit eine realistische, dreidimensionale Darstellung der Landschaft entsteht“, so Zachmann. Eine Herausforderung lag auch in der Anbindung der unterschiedlichen Roboter-Softwaresysteme, damit der Austausch von Informationen möglich wird. Das System hat sich bereits bei den ersten Tests bewährt. Die Forschenden haben bemerkt, dass Roboter auf dem Mars andere Algorithmen benötigen als auf der Erde, um ihre Position bestimmen zu können. Das liegt unter anderem an den sehr eintönigen Farben des Geländes, die es schwierig machen, landschaftliche Wiedererkennungsmerkmale zu identifizieren. Genau in derartigen Erkenntnissen liegt der größte Nutzen der Simulation: Fehler können behoben werden, bevor die Roboter eines Tages ihre achtmonatige Reise zum Mars antreten. Die Chance, dass vor Ort dann alles funktioniert wie geplant, steigt somit erheblich.