Interview mit Bernd Liepert, Kuka

Würden Sie sagen, dass Roboter hinsichtlich ihrer Mechanik weitestgehend ausgereizt und echte Innovationen nur noch aus dem Steuerungs- und Software-Bereich zu erwarten sind?

Liepert: Nein. Es gibt – getrieben durch MRK, mobiler Robotik, Care Robots und ähnliche Themen – einen erkennbaren Trend zu Leichtbaurobotern. Das macht auch Sinn, denn einen Cobot, der eine halbe Tonne wiegt, den kann ich mir noch recht gut in einer Fabrikhalle vorstellen, aber beispielsweise nicht in einem Wohnhaus, in dem sein Gewicht womöglich die zulässige Traglast einer Geschossdecke übersteigt. Die Kehrseite der Medaille ist: Man kann nicht über einen Leichtbauroboter mit fünfzehn oder zwanzig Kilo Eigengewicht nachdenken, solange Komponenten wie z.B. am Markt verfügbare Präzisionsgetriebe noch viel zu schwer sind. Da muss man sich andere Antriebslösungen einfallen lassen; bzw. führende Unternehmen aus dem Bereich Antriebstechnik einladen, um gemeinsam solche leichter bauende Lösungen zu entwickeln; am besten solche mit unbegrenzter Lebensdauer.

Und geht der Trend in der Robotik eher zu multifunktionalen Alleskönnern oder doch eher zu Geräten, die daraufhin entwickelt worden sind, eine spezielle Aufgabe bestmöglich zu erledigen?

Liepert: Diese Frage wird wahrscheinlich bei allen Roboterherstellern diskutiert, wobei ich der Meinung bin, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt. Es wird für industrielle Anwendungen solche Spezialisten geben müssen – denken wir nur mal an den Themenkomplex ‚Picken, Packen, Palettieren‘ oder an Applikationen für Schwerlastroboter. Dagegen sehe ich unsere Leichtbauroboter iiwa und iisy durchaus als multifunktionale Helferlein, und zwar sowohl in der Industrie als auch in der Servicerobotik, im Reha- und im Pflege-Bereich und so weiter.

Sie befürworten namens Kuka eine Robotic Governance. Was heißt das konkret?

Liepert: Robotic Governance definiert, simpel formuliert, einen Ordnungsrahmen für den verantwortungsvollen Umgang mit Maschinen – und damit auch Robotern -, die infolge der Fortschritte im Bereich Künstlicher Intelligenz in der Lage sind, selbständig Entscheidungen zu treffen und autonom zu handeln. Im Vordergrund stehen bei Robotic Governance ethische und moralische Aspekte, ähnlich wie bei Corporate Governance. Wir haben zu diesem Thema eine Erklärung formuliert, deren Tenor der Schutz von Menschen ist, die mit Maschinen bzw. Robotern zusammenarbeiten. Die in dieser Erklärung formulierten Maßgaben der Gefahrenvermeidung sind für uns weltweit bindend. Gerade der Aspekt der Künstlichen Intelligenz spielt bei der Robotic Governance eine ganz entscheidende Rolle. Es gibt dieses Bild des akribisch an der Kernspaltung arbeitenden Wissenschaftlers, der nach dem Abwurf der ersten Atombombe darüber sinniert, dass seine Arbeiten Vorschub geleistet hätten, die Büchse der Pandora zu öffnen, in welcher – der griechischen Überlieferung nach – alle Übel dieser Welt verschlossen sind. Genau deshalb muss man die Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz sehr intensiv beobachten. Nicht alles, was möglich ist, ist auch sinnvoll. Ein Beispiel: Ein mobiler Roboter, der einen Pflegepatienten ins Bad, in die Küche, zu einem Arzttermin oder bei Spaziergängen begleitet, macht durchaus Sinn. Er kann die Medikamente, die ein Arzt verschrieben hat auch entsprechend portionieren und an den Patienten übergeben. Der Roboter sollte immer der Assistent des Menschen sein. Das heißt, der Patient entscheidet, ob er die Medikamente einnimmt oder, wenn er es nicht kann, eben der Angehörige. (mli)

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KUKA AG
www.kuka-ag.de

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