Interview mit Kristian Kassow zum Cobot-Portfolio seiner Firma
Alternative für Industrieroboter
Im Jahr 2018 noch als Prototypen präsentiert, sind die Roboter von Kassow Robots mittlerweile seit rund drei Jahren auf dem Markt verfügbar. ROBOTIK UND PRODUKTION hat mit dem Firmengründer Kristian Kassow über die besonderen Eigenschaften seiner 7-Achsen-Cobots und die Erfahrungen in der Anwendung gesprochen.
ROBOTIK UND PRODUKTION: Herr Kassow, Sie waren ja schon vor vielen Jahren Mitgründer eines erfolgreichen Cobot-Anbieters. Was war Ihre Motivation für einen erneuten Anlauf im Robotiksegment?
Kristian Kassow: Es ging mir beim neuen Unternehmen primär nicht darum, einen weiteren kollaborativen Roboter auf den Markt zu bringen, sondern gleich ein komplettes und auf die Bedürfnisse der Industrie zugeschnittenes Cobot-Portfolio zu entwickeln. Ein Portfolio, dass mit Blick auf Traglast, Reichweite, Verfahrgeschwindigkeit und Flexibilität möglichst das komplette Anwendungsfeld abdeckt. Ein zentraler Vorteil liegt zudem in der siebten Achse unserer Kinematiken.
ROBOTIK UND PRODUKTION: Warum ist die zusätzliche Achse so wichtig?
Kassow: Gerade wenn die Roboterarme länger werden ist ein weiteres Gelenk – der sogenannte Ellenbogen – sehr praktisch. Denn auf diese Weise lassen sich Kollisionen mit der Anlage oder dem Umfeld der Applikation gut vermeiden bzw. von vornherein ausschließen. Zudem kann der TCP auf der Bahn flexibler unter dem Arm selbst durchgeführt werden. Bewegungen und somit Automatisierungen auf engstem Raum sind möglich, also auch dort, wo klassische Cobots scheitern würden.
ROBOTIK UND PRODUKTION: Gibt es auch Besonderheiten beim Einsatzspektrum, dass Sie mit Ihren Cobots adressieren wollen?
Kassow: Durchaus. Neben den klassischen Anwendungsbereichen für Cobots und Leichtbaukinematiken haben wir unser Portfolio ganz bewusst für Industrieanwendungen entwickelt und eben fünf Cobots im Markt, damit jeder sein Modell findet. Nicht nur für industrielles Palettieren ist die Reichweite unserer Roboter bis 1,8m bei 5kg Traglast eine attraktive Alternative. Das Modell mit 18kg Traglast und 1m Reichweite ist ebenfalls eine sehr spannende Einsatzoption in der Industrie, z.B. bei der Metallbearbeitung.
ROBOTIK UND PRODUKTION: Planen Sie, die Traglast noch weiter auszubauen?
Kassow: Vorerst nicht. Wir haben die fünf Modelle unseres Portfolios ja von Beginn an auf die Anforderungen der Industrie ausgelegt. Zudem haben wir eine attraktive Basis, um unsere Cobots auch in Anwendungen zu bringen, die bisher klassischen Industrierobotern vorbehalten waren. Ich bezweifle auch, dass es sinnvoll und wirklich sicher möglich ist, noch deutlich größere Traglasten nach dem MRK-Ansatz – sprich ohne Schutzzaun – zu handhaben.
ROBOTIK UND PRODUKTION: Also zielen Sie grundsätzlich mit Ihren Robotern schon auf MRK-taugliche Applikationen, oder?
Kassow: Richtig. Alle unsere Modelle sind als Leichtbauroboter ausgelegt, die auch ohne Schutzzaun und Co. zum Einsatz kommen können. Meinem Eindruck nach setzt sich das Bewusstsein für die Vorteile von Cobots und deren inhärente Sicherheit auch immer stärker im Markt durch. Die zusätzliche Absicherung von solchen Applikationen über Laser- oder 3D-Sensorik öffnet ebenfalls viele Türen bei potenziellen Anwendern.
ROBOTIK UND PRODUKTION: Fokussiert Kassow Robots bestimmte Industriebranchen mit seinen Cobots?
Kassow: Nein wir beschränken uns nicht auf bestimmte Felder, zumal die Anwendungsoptionen durch die Flexibilität der 7. Achse auch fast unendlich breit sind. Bisher haben sich in der Branche verschiedene Anwendungen für den Einsatz von Cobots bewährt. Dazu zählen etwa Pick&Place, die Beschickung von Maschinen oder auch die Qualitätssicherung. Die große Reichweite bzw. die hohe Traglast sind natürlich ideal auch für Palettierung oder Packaging.
ROBOTIK UND PRODUKTION: Ein wichtiges Thema für Cobot-Anwender ist der Easy-to-use-Ansatz. Wie positioniert sich Kassow Robots an dieser Stelle?
Kassow: Unser Plug&Play Software Development Kit ist konsequent auf eine einfache Bedienung und Programmierung der Roboter ausgelegt. Zudem bietet es komfortable Wege, um über entsprechende Treiber auch weitere Komponenten der Applikation in die Steuerung einzubinden. Auch Standardbausteine für die Lösungen von Partnern wie OnRobot oder Sick stehen bereits zur Verfügung. Im Endeffekt muss der Anwender kein tiefgehendes Robotik-Knowhow mitbringen, um seine Applikation zu lösen. Eine kurze Einführung in unsere Technik ist in der Regel ausreichend. (mby)