Hexapodeneinsatz im Produktionsprozess
Hexapoden: Auf sechs Beinen in der Fertigung
Seit Hexapoden direkt über Feldbus-Interfaces mit SPS- oder CNC-Steuerungen kommunizieren, erobern sie als parallelkinematische Systeme die industrielle Automatisierungstechnik. Sie positionieren tonnenschwere Lasten in der Automobilproduktion auf den Mikrometer genau, eignen sich aber auch für das präzise Handling sehr kleiner Bauteile in der Halbleiterfertigung. Der Robotik erschließen sich durch die Eigenschaften der Hexapoden immer wieder neue Möglichkeiten.
Für die Konstruktion mehrachsiger Positioniersystemen gibt es zwei Möglichkeiten: Serielle oder parallele Kinematik. Eine serielle Kinematik ist als gestapeltes System einfacher im Aufbau und auch die Ansteuerung der Einzelachsen ist wenig komplex. Sie besitzt jedoch eine Reihe von Nachteilen gegenüber leistungsfähigeren und eleganteren Parallelkinematiksystemen, zu denen Hexapoden zählen.
Parallelkinematik und ihre Vorteile
In einem seriellkinematischen Mehrachsensystem ist jeder Aktor genau einem Bewegungsfreiheitsgrad zugeordnet. Werden Positionssensoren integriert, sind diese ebenfalls jeweils einem Antrieb zugeordnet und messen nur die Bewegung im Freiheitsgrad der entsprechenden Stellachse. Alle unerwünschten Bewegungen in den anderen fünf Freiheitsgraden, die z.B. durch Führungsfehler der einzelnen Achsen entstehen, werden nicht erkannt und ausgeregelt. Da bei Hexapoden alle sechs Aktoren unmittelbar auf die gleiche Plattform wirken, addieren sich keine Führungsfehler. Zu der präziseren Bewegung kommen weitere Vorteile wie die geringere bewegte Masse, da nur die Plattform bewegt wird und nicht die Positioniersysteme für andere Achsen. Daraus ergibt sich eine höhere Dynamik, eine bessere Bahntreue und Wiederhol- und Ablaufgenauigkeit für alle Bewegungsachsen. Weil es keine geschleppten Kabel gibt, ist die Präzision nicht durch Reibung oder Momente eingeschränkt. Außerdem sind Hexapoden kompakt. Letzteres vereinfacht auch Sicherheitsschaltungen, da sich der Hexapod nur innerhalb eines überschaubaren Arbeitsraums bewegt.
Hexapodsystem als intelligenter Multiachsantrieb
Bei einem parallelkinematischen System entspricht die Bewegungsrichtung der Plattform nicht unbedingt der Bewegungsrichtung der Aktoren in den Einzelbeinen. Um die Plattform zu kippen oder in einer Ebene zu bewegen, ist es erforderlich, dass sich die Beinlängen unterschiedlich ändern – einige werden kürzer, andere länger. Es ist eine Koordinatentransformation notwendig, die aufgrund der an den Kardangelenken versetzten und Zwangsbedingungen unterworfenen Achsen von den aktuellen Koordinaten nichtlinear abhängt. Analytisch ist das nicht lösbar, daher kommt ein rechenintensiver, iterativer Algorithmus zum Einsatz, der die komplexe Hexapodkinematik bei jedem Schritt neu berechnet. Anwender müssen sich damit in der Praxis nicht auseinandersetzen, denn die Hexapodkinematik mit ihrem Transformationsalgorithmus auf der SPS zu implementieren, ist nicht notwendig. Ein digitaler Hexapod-Controller übernimmt die Berechnungen und steuert die einzelnen Motoren in Echtzeit an. Verschiebungen und Drehungen der Plattform werden in kartesischen Koordinaten kommandiert. Eine wesentliche Eigenschaft der Hexapoden ist die Möglichkeit, sowohl Lage und Ausrichtung des Bezugskoordinatensystems als auch den Pivotpunkt per Software anzupassen. Um eine genaue Anpassung der Trajektorie an die Applikationserfordernisse zu gewährleisten, ist es möglich, verschiedene Koordinatensysteme zu definieren, wie Work- und Tool-Koordinatensysteme, die sich auf die Lage des Werkstücks oder des Werkzeugs beziehen. Das ist vorteilhaft in der industriellen Automatisierung, aber auch für Fiber-Alignment-Aufgaben. Für die Steuerung des Hexapodsystems lassen sich alle Funktionen der SPS-Standardsprachen verwenden, es ist somit keine proprietäre Sprache notwendig. Die Steuerung kommuniziert mit dem Hexapod über ein Standardprotokoll. Hierzu stehen neben RS232 und TCP/IP auch etablierte Feldbusprotokolle wie Ethercat oder Profinet zur Verfügung. Mithilfe der Schnittstellen ist es möglich, taktsynchron in Echtzeit mit dem Hexapodsystem, aber auch mit beliebigen weiteren Komponenten im Netzwerk Daten wie Soll- und Istpositionen oder Statusmeldungen auszutauschen. In einer typischen Automatisierungsanwendung werden in einer beliebigen, als Master agierenden Steuerung (z.B. einer Standard-Soft-SPS mit Twincat) entsprechende kartesische Sollpositionen bzw. Trajektorien generiert. Sie werden dann z.B. über das Ethercat-Protokoll an das Hexapodsystem übermittelt und im Gegenzug Istpositionen und Statusmeldung ausgelesen. Darüber hinaus lassen sich komfortabel Systemparameter wie Drehpunkte und Koordinatensysteme konfigurieren. Das Hexapodsystem verhält sich hierbei am Bus wie ein intelligenter Multiachsantrieb, wobei sich zusätzlich zu der Hexapodmechanik noch bis zu zwei weitere Achsen ansteuern lassen.