Metallbearbeitungszentrum mit Robotersystem für die Life-Science-Branche

Metallbearbeitungszentrum mit Robotersystem für die Life-Science-Branche

Automation zum Durchatmen

Seit Juni 2021 laufen bei dem Life-Science-Gerätehersteller Hamilton zwei Bearbeitungszentren von Hermle mit Roboterautomation und automatisiertem Schraubstock. So können unterschiedlich große Teile auch in Geisterschichten gerüstet, bearbeitet, gewechselt und gewendet werden.

Der Life-Science-Gerätehersteller Hamilton ersetzte drei Stand-Alone-Maschinen durch zwei Hermle-Anlagen. Dabei war ein automatisierter Schraubstock Pflicht. (Bild: Maschinenfabrik Berthold Hermle AG)

Der Life-Science-Gerätehersteller Hamilton ersetzte drei Stand-Alone-Maschinen durch zwei Hermle-Anlagen. Dabei war ein automatisierter Schraubstock Pflicht. (Bild: Maschinenfabrik Berthold Hermle AG)

Die Unternehmensgruppe Hamilton entwickelt und fertigt an ihren Hauptstandorten in Bonaduz und Domat/Ems in der Schweiz unter anderem Beatmungsgeräte, Pipettierroboter, Biopharmasensoren und Probenverwaltungssysteme. Die zwei neuen Fünfachsbearbeitungszentren vom Typ C 12 U der Maschinenfabrik Berthold Hermle sind jeweils mit der zweiten Generation des kompakten Robotersystems RS 05-2 automatisiert. Dahinter arbeiten kontinuierlich zwei weitere Bearbeitungszentren der High-Performance-Line von Hermle: eine C 32 U sowie eine C 42 U, die hauptzeitparallel gerüstet wird.

„Als vor circa eineinhalb Jahren unsere Auftragslast durch die Decke schoss, wurde deutlich, dass wir mit dem damaligen Maschinenbestand das hohe Auftragsvolumen nicht mehr bewerkstelligen konnten. Da wussten wir: Der richtige Zeitpunkt war gekommen, um zu investieren“, erzählt Luca Morell, Teamleiter in der mechanischen Produktion bei Hamilton. Der Wunsch war, drei Stand-alone-Maschinen durch effizientere Anlagen mit Automation zu ersetzen. Dabei war ein automatisierter Schraubstock Pflicht. „Wir wollten unterschiedlich große Teile auch in Geisterschichten rüsten, bearbeiten, wechseln und wenden können“, erläutert Morell. Der eigentliche Fräsprozess erfordert höchstmögliche Form- und Lagetoleranzen trotz der dünnwandigen und fragilen Bauteilgeometrien.

Acht Greiferpaare stehen dem Roboter im Greiferbahnhof (oben rechts im ) zur Verfügung. (Bild: Maschinenfabrik Berthold Hermle AG)

Acht Greiferpaare stehen dem Roboter im Greiferbahnhof (oben rechts im ) zur Verfügung. (Bild: Maschinenfabrik Berthold Hermle AG)

Fünfachsbearbeitungszentren mit Roboter

Mit dem Gosheimer Maschinenbauer arbeitete Hamilton vor rund zwei Jahren das erste Mal zusammen. Damals zogen schließlich die C 42 U sowie C 32 U, beide mit HS-Flex-System, in die Metallbearbeitung in Bonaduz ein. Die Fünfachstechnik steigerte für den Life-Science-Gerätehersteller die machbare Komplexität der zu fertigenden Bauteile. „In puncto Performance und Genauigkeit hat uns Hermle bereits mit diesen beiden Fräszentren überzeugt. Ausschlaggebend für die erneute Investition war die Durchgängigkeit der Automationslösung und die Qualität der Zusammenarbeit“, erzählt Morell. „Von Anfang an wurden wir auch in technischer Sicht verstanden und umfassend betreut.“

Die Lösung, die seit Juni 2021 in Betrieb ist, besteht aus einer C 12 U mit Robotersystem RS 05-2 – in zweifacher Ausführung. Die Teilebevorratung und -versorgung erfolgt über einen Schubladenspeicher. „Neben Prototypen haben wir auch Standardteile eingerichtet, von denen wir pro Jahr etwa 4.000 Stück bearbeiten müssen. Sie liegen in einer der fünf Schubladen bereit, falls die Kleinserien- oder Prototypenlast nicht so groß ist. Sobald Luft ist, plant das System sie automatisch in die Fertigung ein“, erläutert Morell. Mit dieser Grundlast, wie sie der Teamleiter nennt, deckt Hamilton rein rechnerisch über 13h Bearbeitungszeit ab: In der Matrize sitzen 78 Teile, die in knapp 10min fertig bearbeitet sind. Weitere 5h können über die Einzelteile in den vier anderen Schubladen verplant werden. „Wenn die Anlage fertig eingerichtet ist, brauchen wir lediglich 2h personellen Aufwand, um sie 18h autark arbeiten zu lassen. Wir erreichen somit einen hohen Nutzungsgrad“, freut sich der Teamleiter.

Greiferbahnhof für acht Greiferpaare

So lange Autarkzeiten bei einem Rohlingspektrum mit Längen zwischen 20 und 150mm ermöglicht eine Besonderheit der Hermle-Lösung: Ein Greiferbahnhof in der Roboterzelle bietet Platz für acht Greiferpaare. Hamilton hat sich bewusst gegen einen einzelnen NC-Greifer und für die pneumatischen Varianten entschieden „Ein Greifer mit Stellmotor braucht deutlich länger, bis er das korrekte Teilemaß erreicht hat. Die pneumatische Variante dagegen hat zwar einen eingeschränkteren Greifbereich, dafür ist sie schneller. So sparen wir wertvolle Zeit“, erklärt Morell. Der Roboter wechselt automatisch die Greifer und ermöglicht so den Teilewechsel auch in den personenlosen Schichten.

Nicht nur die Möglichkeiten der Automation überzeugen Morell, sondern auch die Bedienbarkeit. „Anfangs sorgten wir uns, ob ein Robotersystem mit seinen sechs Achsen nicht zu komplex wäre. Mit dem HACS-Programm erwies sich diese Angst jedoch als unbegründet. Es nimmt den Bedienenden quasi an die Hand und führt sie oder ihn durch die notwendigen Programmierschritte“, beschreibt Morell das Hermle-Automation-Control-System (HACS). Es mache das Roboter-Handling oberflächlich betrachtet sehr simpel: Der Roboter nimmt ein Teil aus der Matrize und platziert es im Schraubstock. Nachdem die C 12 U fertig ist, entnimmt er es wieder und legt es zurück in den Teilespeicher. Zwei Monate vor Auslieferung der Anlagen merkten Morell und sein Team, dass sie bei den Prozessschritten eine Sache übersehen hatten: Einige Bauteile müssen anders in der Matrize liegen, als sie im Schraubstock eingespannt sind. Um sie bearbeiten zu können, bräuchte es eine Drehung um 90°. „Von der mechanischen Seite her ist das Wenden einfach. Wir wussten jedoch nicht, wie wir das programmiertechnisch mit dem Roboter umsetzen konnten.“ Die Befürchtung, einen Kuka-Techniker kommen zu lassen oder doch eine Drittsoftware installieren zu müssen, konnte Hermle ihm nehmen: „Sobald wir das Problem erläutert hatten, setzten sich die Experten in Gosheim dran, die Drehung des Robotergreifers in die HACS-Software zu integrieren“, erinnert sich Morell. Später zeigte sich: „Das Ergebnis hat sofort 100-prozentig funktioniert.“

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