Mein Freund, der Roboter
Wenn es um die direkte Zusammenarbeit von Mensch und Roboter geht, stellt sich immer wieder die Frage nach der Akzeptanz des Roboters als Kollegen. Bisherige Erfahrungen zeigen: Sie steigt bereits, wenn die Maschine einen Namen bekommt. Ist es also umso besser, je menschenähnlicher der Roboter wird?
Nach aktuellen Umfragezahlen aus Großbritannien, würden 83 Prozent der Arbeiter gerne Robotern die schmutzigen Arbeiten überlassen. Hier denken die Briten – EU-Austritt hin oder her – vermutlich nicht anders als der Rest Europas. In den meisten Studien wird eine zukünftige Zusammenarbeit in Mensch/Roboter-Teams überwiegend positiv bewertet. Entsprechend soll sich der globale Absatz von Cobots, der schon zwischen 2017 und 2018 um 50 Prozent angestiegen ist, bis 2023 sogar verzehnfachen (Dieses Heft widmet dem Thema MRK übrigens einen Schwerpunkt ab S.32).
Die Furcht vor dem Roboter als Jobkiller endet spätestens dann, wenn es sich um ungesunde, gefährliche oder stupide und monotone Aufgaben handelt. Hier wird der Roboter schnell als Freund des Menschen stilisiert. Auch über die Industrie hinaus, wenn er z.B. als Minenräumer oder Pflegeassistent eingesetzt wird. Aber darf man das überhaupt: Freundschaft mit Maschinen schließen? Oder sogar Rücksicht auf Roboter nehmen, während diese immer weiter in unseren Arbeits- und Lebensraum vordringen?
Ein Universitätsteam aus München und dem niederländischen Nijmegen hat untersucht, inwiefern sich Menschen Robotern gegenüber mitfühlend verhalten. Das Ergebnis: Spätestens wenn Roboter als menschenähnlich wahrgenommen werden, geraten viele Menschen in ein moralisches Dilemma. Es fiel den Probanden schwer, sie zu opfern, um Menschenleben zu retten. In manchen Fällen weigerten sie sich sogar und sprachen den Robotern eine Art moralischen Status zu. Mittelfristig ist es also vielleicht der falsche Ansatz, Roboter immer menschenähnlicher zu machen, weil es mit der eigentlichen Funktion, Menschen zu helfen, kollidieren könnte.
Stand heute muss man sich darüber aber noch wenig Sorgen machen. Denn die allermeisten Industrie- und Serviceroboter haben wenig Menschliches an sich. Und dabei wird es wohl auch noch einige Zeit bleiben. Der Meinung ist jedenfalls Jeff Burnstein. Der Chef der US-amerikanischen Association for Advancing Automation betonte im Rahmen seiner Keynote auf den Schunk Expert Days (siehe auch S.14): Selbst wenn Serviceroboter zunehmend Berufe und Gesellschaft prägen, die Technik für Social Robots als der nächsten Stufe der Robotik ist noch lange nicht reif.
Ich wünsche eine interessante Lektüre.
Mathis Bayerdörfer, Chefredakteur ROBOTIK UND PRODUKTION