„Kein Griff in die Kiste?“

Stefan Fluri, Fluri Präzisions- und Mikromechanik, und Philipp A. Walden, Staveb Automation, im Interview

„Kein Griff in die Kiste?“

Das Schweizer Unternehmen Fluri Präzisions- und Mikromechanik stellt neben der Lohnfertigung auch eigene Produkte im Bereich Mikromechanik her. Für monotone und repetitive Aufgaben, wie die Fertigung von Wellen und Hülsen, kommt hier nun ein kollaborierender Roboter, implementiert von Staveb Automation, zum Einsatz. Stefan Fluri und Philipp A. Walden sprechen über die Vorteile der Automatisierung dieser Prozesse und die Herausforderungen bei der Implementierung des Cobot-Systems.

Die Mitarbeiter bei Fluri fühlen sich mit dem Cobot-System sicher und hatten keine Einarbeitungsschwierigkeiten. Stefan Fluri, Fluri Präzisions- und Mikromechanik (Bild: Fluri Präzisions- und Mikromechanik AG)

„Die Mitarbeiter bei Fluri fühlen sich mit dem Cobot-System ­sicher und hatten keine Einarbeitungsschwierigkeiten.“
Stefan Fluri, Fluri Präzisions- und Mikromechanik (Bild: Fluri Präzisions- und Mikromechanik AG)

ROBOTIK UND PRODUKTION: In welchen Bereichen setzen Sie den kollaborierenden Roboter in Ihrer Fertigung ein?
Stefan Fluri: Wir haben uns entschieden, den Roboter sowohl in der Fertigung von Wellen als auch in der Fertigung von Hülsen einzusetzen. Beide Vorprodukte fertigen wir für Messsysteme, daher müssen diese Arbeitsschritte sehr genau und exakt durchgeführt werden. Bei den beiden Produkten handelt es sich um Bauteile, die wir in großer Stückzahl und mit hoher Präzision herstellen. In der Hülsenproduktion nimmt der Cobot eine Hülse auf, positioniert diese und bestückt eine Drehbank, die einen Grat innerhalb der Hülse entfernt und die Bearbeitungsreste ausbürstet. Dabei steuert die Lösung von Staveb Automation die Spannzange sowie den Revolverarm mit den unterschiedlichen Werkzeugen. Anschließend nimmt der Cobot die Hülse wieder auf und legt diese in einer Kiste ab. Im Falle der Wellen nimmt der Cobot diese auf, wechselt die Griffposition und platziert diese auf ein Gebläse, um Rückstände aus dem Innengewinde herauszublasen. Nach dem Ausblasen wird die Welle in sechs verschiedene Waschkörbe palettiert.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Welche Beweggründe hatten Sie, den Cobot einzusetzen?
Fluri: Zum einen sind die Entgratungs- und Reinigungsarbeiten der Bauteile repetitive und sehr monotone Arbeitsschritte. Es handelt sich aber um zeitaufwendige und für die Funktion des Endproduktes wichtige Tätigkeiten. Es muss also gründlich gearbeitet werden. Gerade, wenn wir kurzfristig große Stückzahlen liefern, hat das bisher zu Herausforderungen geführt. Daher wollten wir uns von Zeit und Kapazitäten unabhängig machen und haben nach einer vollautomatischen Lösung gesucht. Die Lösung, die schlussendlich Philipp A. Walden und sein Team vorgeschlagen haben, hat uns überzeugt. Mit dem Cobot müssen wir selbst bei zeitlich sehr engen Lieferungen unsere Fertigungsplanung nicht überarbeiten.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Auf welche kollaborierenden Systeme haben Sie zurückgegriffen?
Philipp A. Walden: Bei der Firma Fluri Präzisions- und Mikromechanik setzen wir den kollaborativen TM-Roboter von Omron ein. Dieser verfügt über ein integriertes Bildverarbeitungssystem, sowie, mithilfe von Kameratechnik, über ein breites Sichtfeld. Durch die moderne Beleuchtungstechnik ist eine tadellose Objekterkennung unter allen Bedingungen möglich. Der Roboter ist mit einem Standardgreifer mit produktspezifischen Fingern ausgestattet. Aufgrund unserer Plug&Play-Software ist der Roboter sofort startbereit und kann auch in anderen Einsatzfeldern genutzt werden. Durch die Verwendung einer Standarddrehbank vom Typ Schaublin 102 mit Greifzange und Standardrevolver fühlen sich die Mitarbeiter bei Fluri sicher und hatten keine Einarbeitungsschwierigkeiten. Das war sehr hilfreich bei der Integration der ersten Robotiklösung und bietet Möglichkeiten zum Ausbau.

ROBOTIK UND PRODUKTION: Wie erfolgte die Projektumsetzung in Zusammenarbeit mit Staveb?
Fluri: Unsere Zielsetzung war klar. Doch es gab unterschiedliche Möglichkeiten, wie die Arbeitsschritte umgesetzt werden konnten. So war von Beginn an angedacht, den Griff in die Kiste durchzuführen, was wir allerdings zusammen mit Staveb Automation verworfen haben. So setzen wir jetzt z.B. einen Vibrationsförderer ein, um die Einzelteile zur Aufnahmeposition zu transportieren. Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Erkennung der reflektierenden Teile wurde die Beleuchtung und Optik angepasst und innerhalb des Projektfortschritts gemeinsam gelöst. Staveb Automation hat sehr genau darauf geachtet, dass alle Arbeitsschritte schlussendlich einwandfrei ohne Störungen und Unterbrechungen funktionieren. Aufgrund unserer Zeitkapazitäten werden diese beiden Produktionsschritte autonom und unabhängig von der Personalplanung durchgeführt.

www.stavebautomation.ch

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