Direkte Zusammenarbeit in der industriellen Fertigung
MRK als neue Ära der Robotik?
Als in den vergangenen Jahren der Begriff Mensch/Roboter-Kollaboration, kurz MRK, mehr und mehr geprägt wurde, kam das Gerücht auf: Hier entwickelt sich eine neue Art der Robotik, die bald alle klassischen Anwendungen in den Schatten stellt. Dabei sollten Mensch und Maschine ihre Stärken als gleichwertige Partner vereinen und Seite an Seite zusammenarbeiten. Doch in der Praxis hat sich für Anbieter wie auch für Anwender herausgestellt: So einfach ist das gar nicht. Entsprechend ist die komplette Ablöse klassischer Roboteranwendungen nicht in Sicht. Dennoch bietet das Thema MRK spannendes Potenzial für bisherige, aber auch neuartige Roboteranwendungen.
Weil sich mit MRK – zumindest auf den ersten Blick – die industrielle Robotik neu erfinden lässt, ist das Thema seit Jahren auf jeder Branchenveranstaltung und Fachmesse präsent. Auch auf dem Markt wird das Angebot entsprechender Kinematiken immer größer. Mittlerweile führt jeder klassische Roboterhersteller eigene Cobot-Lösungen in seinem Portfolio. Ergänzend dazu sind neue Marktteilnehmer aufgetaucht, die sich ausschließlich auf Cobots bzw. Leichtbauroboter spezialisieren.
Theorie und Praxis
Stand heute hat der Trend jedoch etwas von seinem Anfangszauber verloren. Denn die Praxis holt die Theorie ein und so haben verschiedene Faktoren einen schnellen und flächendeckenden Einzug der kollaborativen Roboter in der Produktion bisher verhindert – und den damit verbundenen Paradigmenwechsel. Allen voran ist hier die Sicherheit zu nennen. Auch wenn MRK-Kinematiken auf Leichtbau basieren oder feinfühlige Kraft/Momenten-Sensorik nutzen, so lässt sich ein Verletzungsrisiko für Menschen in unmittelbarer Nähe nicht pauschal ausschließen. Die Sicherheitsbetrachtung muss alle Werkzeuge, Werkstücke und Umgebungsfaktoren der Applikation miteinbeziehen – ein aufwändiger Prozess, der spezifisch für jede Applikation neu durchgeführt werden muss. Ist eine sicher ausgelegt, bewegen sich die Cobots zudem oft deutlich langsamer als klassische Industrieroboter und kommen für Fertigungsprozesse mit schnellen Zykluszeiten deshalb meist nicht infrage.
Vielversprechendes Potenzial
Trotzdem bleibt das Potenzial hoch: Aktuelle Studien gehen von rund 60 Prozent Marktwachstum pro Jahr aus. Dennoch haben sich die MRK-Roboter der meisten Anbieter bisher nicht zu Highrunnern entwickelt. Der Aufwand aus Entwicklung, Produktion und Vermarktung wird sich erst mittelfristig wieder einspielen lassen. Dass Anbietern dabei der Atem ausgehen kann, zeigt die Insolvenz des Cobot-Pioniers Rethink Robotics, dessen Patente, Namensrechte und Software Tools nun von Hahn Robotics gekauft wurden. Der ehemalige Rethink-Integrator will die Technik nun im eigenen Haus weiterentwickeln. Wer als Anbieter die Startschwierigkeiten allerdings übersteht, auf den wartet in Sachen MRK eine vielversprechende Zukunft. Mit den gesammelten Erfahrungen und der technologischen Weiterentwicklung im Rücken wird in Zukunft ein nicht unbeachtlicher Anteil aller Robotikanwendungen auf Cobot-Basis gelöst werden. Heute gibt es schon vielversprechende praxistaugliche Umsetzungen, die konkreten Mehrwert durch die Zusammenarbeit von Mensch und Roboter erschließen. Das Spektrum der möglichen Lösungen ist umso breiter, als dass die Konzepte der Cobot-Anbieter sehr verschieden sind. Die Vielfalt der angebotenen Robotermodelle verdeutlicht eine exklusive Marktübersicht aus ROBOTIK UND PRODUKTION, die sich über den nebenstehenden QR-Code abrufen lässt.